Seit Wochen brodelt es hinter den Kulissen des renommierten Aalto Theaters in Essen. Mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben schwere Vorwürfe des Machtmissbrauchs gegen die Leitung erhoben. Nach meinen Recherchen vor Ort wirkt die Stimmung im Ensemble merklich angespannt. Der Essener Stadtrat hat nun eine externe Untersuchungskommission eingesetzt, die alle Anschuldigungen prüfen soll.
Das nordrhein-westfälische Kulturministerium bestätigte gestern, dass bereits seit längerem Beschwerden vorliegen. Es geht um ein Arbeitsklima, das von Angst, Einschüchterung und unangemessenem Führungsverhalten geprägt sein soll. Ein Ensemblemitglied, das anonym bleiben möchte, berichtete mir: «Wer Kritik äußert, muss mit Konsequenzen rechnen. Viele haben Angst um ihre berufliche Zukunft.«
Besonders brisant: Die Vorwürfe reichen offenbar bis in höchste Leitungsebenen. Der Personalrat hat in einem Schreiben an die Stadt dokumentiert, dass in den letzten zwei Jahren überdurchschnittlich viele Künstlerinnen und Künstler das Haus verlassen haben.
Die Stadt Essen nimmt die Anschuldigungen ernst. Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain erklärte: «Wir wollen eine lückenlose Aufklärung. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, werden wir entschlossen handeln.«
Ich erinnere mich an ähnliche Fälle in München, wo ein toxisches Arbeitsklima erst nach Jahren ans Licht kam. Die Kulturbranche hat hier oft blinde Flecken: Was als künstlerische Strenge durchgeht, kann schnell in Machtmissbrauch umschlagen.
Die Untersuchungskommission soll bis Ende März Ergebnisse vorlegen. Der Fall zeigt: Im Kulturbereich findet ein Umdenken statt. Was früher als «normale Härte» im Kunstbetrieb galt, wird heute kritisch hinterfragt. Dass Beschäftigte jetzt den Mut finden, ihre Erfahrungen öffentlich zu machen, könnte ein wichtiger Schritt für die gesamte Branche sein.