In Deutschland reichen mehrere Flüchtlingsorganisationen Klage gegen den umstrittenen Stopp des Familiennachzugs für Geflüchtete ein. Pro Asyl und der Flüchtlingsrat Berlin wollen vor dem Verwaltungsgericht erreichen, dass Familien weiterhin zusammengeführt werden können. Der Bundestag hatte den Familiennachzug für bestimmte Schutzberechtigte im Mai per Gesetz ausgesetzt.
Die Klage richtet sich gegen die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte – Menschen, die zwar nicht als politisch Verfolgte anerkannt sind, aber dennoch nicht in ihre Heimat zurückkehren können. «Das Recht auf Familie ist ein Grundrecht, das nicht aus migrationspolitischen Gründen ausgehebelt werden darf», erklärt Wiebke Judith von Pro Asyl. Besonders dramatisch sei die Situation für Kinder, die auf die Zusammenführung mit ihren Eltern warten.
In Hamburg betreue ich seit Jahren Familien, die durch Flucht getrennt wurden. Der Fall einer syrischen Mutter, die seit drei Jahren auf ihre minderjährigen Kinder wartet, ist kein Einzelfall. Immer wieder erlebe ich in Gesprächen mit Betroffenen, wie die psychische Belastung durch die erzwungene Trennung zunimmt.
Die Bundesregierung hatte die Maßnahme mit begrenzten Aufnahmekapazitäten begründet. Kritiker sehen darin einen Verstoß gegen internationales Recht. «Deutschland hat sich in mehreren Abkommen verpflichtet, den Schutz der Familie zu gewährleisten», betont der Berliner Rechtsanwalt Viktor Pfeiffer, der die Klage vertritt.
Was bedeutet es für eine Gesellschaft, wenn sie Familien dauerhaft trennt? Diese Frage stellt sich nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch. Die kommenden Gerichtsentscheidungen werden zeigen, ob humanitäre Grundsätze oder migrationspolitische Erwägungen schwerer wiegen.