Dresden erlebt derzeit ein besorgniserrendes Naturschauspiel: Die Elbe schrumpft vor unseren Augen. Mit gerade einmal 69 Zentimetern erreichte der Pegelstand am Dienstag den niedrigsten Wert seit zwei Jahren. Noch im Winter standen wir Reporterinnen und Reporter bei Hochwasseralarm am selben Ufer. Nun könnte man fast zu Fuß durch den Fluss waten.
Diese extremen Schwankungen sind beunruhigend. Steine, die normalerweise unter Wasser liegen, ragen wie Mahnmale heraus. Sogenannte «Hungersteine» werden sichtbar – historische Markierungen aus Dürrezeiten vergangener Jahrhunderte. «Was wir hier sehen, ist ein klares Warnsignal«, erklärt Dr. Matthias Grafe vom Sächsischen Landesamt für Umwelt. «Die Intensität der Wetterextreme nimmt zu.»
Die Folgen sind weitreichend. Die Binnenschifffahrt kommt nahezu zum Erliegen, denn die meisten Frachtschiffe benötigen mindestens einen Meter Wassertiefe. Für die Natur bedeutet der niedrige Wasserstand zusätzlichen Stress. Fischarten wie Lachs und Forelle finden kaum noch kühle, sauerstoffreiche Rückzugsorte.
Anwohner wie Gerda Meißner (73) erinnern sich: «So extrem war es früher nicht. Wir hatten trockene Sommer, ja, aber die Schwankungen werden immer heftiger.» Vor allem die Geschwindigkeit des Wechsels zwischen Hochwasser und Dürre macht vielen zu schaffen.
Was bleibt, ist die bange Frage: Ist dies nur eine vorübergehende Erscheinung oder ein Vorbote dessen, was uns klimabedingt öfter erwartet? Die Experten sind jedenfalls alarmiert – und ich auch, nach fast zwanzig Jahren Berichterstattung in dieser Region.