Hamburgs Senat darf sich in naher Zukunft bis zu 1,5 Milliarden Euro zusätzlich leihen – und das ausgerechnet mit Unterstützung der Opposition. Die CDU stimmte gestern im Rathaus überraschend für die von Rot-Grün initiierte Verfassungsänderung. Damit haben Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und sein Finanzsenator Andreas Dressel neue finanzielle Spielräume bekommen, die vor allem Investitionen im Klimaschutz und der Infrastruktur zugutekommen sollen.
Die Entscheidung fiel nach monatelangem Ringen um den richtigen Weg aus der finanziellen Klemme. Nach Corona-Pandemie, Energiekrise und anhaltender Inflation stehen viele Großprojekte auf der Kippe. «Wir stehen vor enormen Herausforderungen, die wir nicht mit einem ‹Weiter so› bewältigen können», erklärte Finanzsenator Dressel während der Debatte im Rathaus.
Was viele überraschte: Die sonst kritische CDU-Opposition unterstützte den Antrag. Fraktionschef Dennis Thering begründete den Schritt pragmatisch: «Hamburg braucht funktionierende Schulen, Straßen ohne Schlaglöcher und eine klimafreundliche Infrastruktur. Dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen.» Diese ungewöhnliche Einigkeit habe ich in meinen fast 20 Jahren als politische Berichterstatterin selten erlebt.
Die zusätzlichen Kredite sollen durch höhere Steuereinnahmen in den kommenden Jahren zurückgezahlt werden. Experten sehen das skeptisch. Wirtschaftsprofessorin Heike Schmidt von der Universität Hamburg warnt: «Die Hoffnung auf steigende Einnahmen könnte trügerisch sein. Wir dürfen künftige Generationen nicht mit noch mehr Schulden belasten.»
Die Verfassungsänderung zeigt: In Krisenzeiten rücken politische Gegner manchmal zusammen. Für Hamburg bedeutet dies mehr finanzielle Möglichkeiten, aber auch mehr Verantwortung. Die Bürger werden genau beobachten, ob die Millionen tatsächlich dort ankommen, wo sie am dringendsten benötigt werden.