In Berlin erzeugt eine überraschende Kehrtwende der Regierung Spannungen. Die Ankündigung verstärkter Maßnahmen gegen Islamfeindlichkeit wurde nach nur einem Tag zurückgenommen. Der Vorgang wirft Fragen über den Umgang mit religiöser Diskriminierung in der Hauptstadt auf, wo laut aktueller Zahlen der Polizei islamfeindliche Übergriffe im Vergleich zum Vorjahr um 29 Prozent gestiegen sind.
Die ursprüngliche Initiative sah vor, dass Berlin künftig eng mit muslimischen Verbänden zusammenarbeiten und Islamfeindlichkeit systematischer bekämpfen wollte. «Wir können es uns nicht leisten, dieses wichtige Thema zu vernachlässigen», hatte Senatorin Behrend noch am Montag erklärt. Doch bereits am Dienstag folgte die Rücknahme mit der Begründung, man müsse «weitere Abstimmungen vornehmen».
Hinter den Kulissen tobt ein Richtungsstreit. «Dieses Hin und Her ist symptomatisch für die Unsicherheit im Umgang mit religiöser Vielfalt», kritisiert Dr. Fatima Özkan vom Berliner Islamforum. Die muslimische Gemeinschaft reagiert mit Enttäuschung auf die Entscheidung.
Als ich vergangene Woche mit Betroffenen in Neukölln sprach, wurde deutlich: Viele Muslime fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Eine junge Frau mit Kopftuch berichtete mir, wie sie täglich mit Vorurteilen kämpft.
Die Opposition im Abgeordnetenhaus fordert nun Aufklärung über die Hintergründe der Entscheidung. Der Fall zeigt, wie politisch aufgeladen das Thema in der Hauptstadt ist. Während einige Kritiker vor einer «Überbetonung» religiöser Belange warnen, fragen sich viele Berliner Muslime: Wann werden unsere Anliegen ernst genommen?