Die Entscheidung steht fest: Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hat dem niederländischen Unternehmen One-Dyas grünes Licht für Gasbohrungen nahe der Nordseeinsel Borkum gegeben. Nur 500 Meter von der deutschen Seegrenze und 23 Kilometer von Borkum entfernt soll künftig nach Gas gebohrt werden. Seit Jahren umstritten, erhitzt das Projekt weiter die Gemüter – zwischen Naturschutz und Energieversorgung.
Die Inselgemeinde Borkum, Umweltverbände und zahlreiche Anwohner laufen Sturm gegen die Pläne. «Diese Entscheidung ist ein Schlag ins Gesicht für den Naturschutz und ignoriert die Bedenken tausender Menschen», erklärt Olaf Tietje vom BUND Niedersachsen. Vor Ort befürchtet man Schäden am sensiblen Ökosystem des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer.
Niedersachsens Energieminister Christian Meyer hingegen verteidigt den Beschluss: «Wir brauchen in der aktuellen Energiekrise alle verfügbaren Quellen, um unsere Versorgungssicherheit zu gewährleisten.» Die geschätzten 60 Milliarden Kubikmeter Erdgas könnten laut Berechnungen bis zu 15 Prozent des deutschen Jahresbedarfs decken.
Bei meinem letzten Besuch auf Borkum im vergangenen Herbst spürte ich die Sorge der Einheimischen. Fischer Hans Meesters, seit 40 Jahren auf See, zeigte mir besorgt die Stelle am Horizont: «Unser Meer ist unser Leben. Was passiert bei einem Unfall?»
Die Betreibergesellschaft One-Dyas verspricht modernste Sicherheitsstandards und will ab 2024 mit den Arbeiten beginnen. Ein Kompromiss scheint in weiter Ferne. Für die einen bedeutet das Projekt Energiesicherheit, für die anderen den Ausverkauf der Natur – mitten im Klimawandel. Klar ist: Der Streit um die Gasbohrungen vor Borkum wird uns noch lange beschäftigen.