Auf dem Spielplatz Blasewitzer Straße in Dresden sorgt ein ehemaliger Telefonhäuschen seit Wochen für hitzige Diskussionen. Die zur Büchertauschzelle umfunktionierte Kabine wird von einer Anwohnerin betreut, die nun über nächtliche Beschädigungen und anonyme Drohbriefe klagt. «Was als Nachbarschaftsprojekt begann, ist zum Albtraum geworden», sagt Betreuerin Susanne Klinger.
Die Büchertauschzelle, eigentlich ein Ort des freien Austauschs von Lesestoff, steht seit drei Jahren an dieser Stelle. Doch seit Februar häufen sich die Probleme. Bücher werden nachts herausgerissen, Regale beschädigt. Vor zwei Wochen fand Klinger einen handgeschriebenen Zettel: «Verschwinde mit deinem Müll, oder wir helfen nach.» Die Polizei wurde eingeschaltet und ermittelt wegen Sachbeschädigung und Bedrohung.
Was steckt hinter dem Konflikt? Anwohner berichten von Unstimmigkeiten über die Nutzungsregeln. «Frau Klinger sortiert manche Bücher aus, die ihr nicht gefallen», berichtet ein Nachbar, der anonym bleiben möchte. Klinger verteidigt ihr Vorgehen: «Ich entferne nur beschädigte oder verschmutzte Exemplare.»
Ich kenne solche Konflikte aus anderen Stadtteilen. Was als Gemeinschaftsprojekt beginnt, kann schnell zu Spannungen führen, wenn Zuständigkeiten und Regeln nicht klar sind. Die Tauschzellen leben vom Miteinander, nicht von Einzelinteressen.
Das Ordnungsamt Dresden bestätigt auf Anfrage, dass die Bücherzelle genehmigt ist. Ortsamtsleiter André Barth bietet Vermittlung an: «Wir sollten uns zusammensetzen und klare Regeln vereinbaren.» Bis dahin bleibt die Frage: Kann ein Ort des kulturellen Austauschs zum Symbol nachbarschaftlicher Spaltung werden? Die Dresdner Bücherzelle zeigt, wie fragil unsere Gemeinschaftsprojekte sein können.