Die Essener Verkehrsschulen haben ein neues Konzept für junge Verkehrsteilnehmer entwickelt. Seit dieser Woche trainieren Kinder mit nachgestellten Baustellen-Szenarien, die typische Gefahrensituationen im Straßenverkehr simulieren. Das Pilotprojekt startete am Montag an der Verkehrsschule Schönebeck, wo rund 30 Grundschüler der dritten Klasse erste Erfahrungen sammelten.
«Wir wollen die Kinder fit machen für den echten Straßenverkehr«, erklärt Polizeihauptkommissar Dirk Brengelmann, der das Projekt betreut. «Baustellen sind besonders tückisch – enge Durchfahrten, unübersichtliche Situationen und oft fehlen klare Markierungen.» Dies sei für Kinder mit ihrem eingeschränkten Sichtfeld besonders gefährlich.
Die nachgebauten Mini-Baustellen sind mit originalgetreuen Elementen ausgestattet: orangefarbene Baken, Warnschilder und sogar kleine Bagger stehen auf dem Übungsgelände. Die Kinder durchfahren die Parcours mit Fahrrädern und lernen, wie sie Hindernisse sicher umfahren und Handzeichen richtig einsetzen.
Eine Statistik der Unfallkommission Essen zeigt die Notwendigkeit: Im vergangenen Jahr waren 67 Kinder in Verkehrsunfälle verwickelt, davon 23 im Bereich von Baustellen. «Die Zahlen sind besorgniserregend», meint Brengelmann.
Für die achtjährige Lena war das Training eine wichtige Erfahrung: «Ich hatte vorher immer Angst vor den großen Baggern. Jetzt weiß ich, wie ich mich verhalten muss.» Ihr Klassenkamerad Tom ergänzt: «Die Übung mit den engen Durchfahrten war schwierig, aber jetzt traue ich mich.»
Als ich die Kinder beobachtete, fiel mir auf, wie schnell sie die Regeln verinnerlichen – viel besser als viele Erwachsene, die ich täglich im Essener Stadtverkehr erlebe. Die Kleinen nehmen die Verkehrserziehung mit einer Ernsthaftigkeit auf, die manchen Autofahrer beschämen würde.
Bis Ende des Jahres sollen alle zehn Essener Verkehrsschulen mit den Baustellenmodulen ausgestattet werden. Die Stadt investiert dafür rund 45.000 Euro. Verkehrsdezernent Ralf Schulz ist überzeugt: «Diese Investition rettet möglicherweise Leben.»
Was bleibt, ist die Frage, ob wir nicht auch für Erwachsene solche praktischen Übungen anbieten sollten. Denn wer im Straßenverkehr unterwegs ist, lernt nie aus – egal ob acht oder achtzig Jahre alt.