Der Eibsee gibt seine Geheimnisse nicht preis. Seit Sonntagabend werden ein Vater (27) und sein vierjähriger Sohn an dem idyllischen Gewässer am Fuße der Zugspitze vermisst. Eine groß angelegte Suchaktion mit Tauchern, Hubschraubern und Drohnen blieb bisher erfolglos. Die bayerische Polizei steht vor einem Rätsel: Was ist mit der Familie aus Nordrhein-Westfalen geschehen?
Die Fakten sind spärlich. Die Mutter alarmierte am Sonntag gegen 18 Uhr die Einsatzkräfte, nachdem Mann und Kind vom gemeinsamen Spaziergang am See nicht zurückgekehrt waren. Ihr letzter bekannter Aufenthaltsort: ein Bootssteg am Ostufer. «Wir müssen davon ausgehen, dass beide ins Wasser gefallen sind», erklärt Polizeisprecher Stefan Sonntag. Der Eibsee ist an manchen Stellen bis zu 34 Meter tief und wird von steilen Ufern begrenzt.
Die Suche gestaltet sich schwierig. Taucher der Wasserwacht kämpfen mit schlechter Sicht unter Wasser, die Temperaturen liegen bei nur etwa acht Grad. «Das ist eine besondere Herausforderung für unsere Einsatzkräfte», sagt ein Sprecher des Bayerischen Roten Kreuzes.
In meinen fast zwanzig Jahren als Reporterin habe ich mehrere solcher Suchaktionen begleitet. Was mich immer wieder berührt: Die Hoffnung der Angehörigen, die bis zuletzt nicht aufgeben wollen. Auch hier wird die Mutter psychologisch betreut, während die Suche weitergeht.
Ein Bergführer, der die Region gut kennt, äußert eine Vermutung: «Der See hat tückische Strömungen. Wenn das Kind ins Wasser gefallen ist und der Vater hinterhersprang, kann die Kälte schnell zur Unterkühlung führen.»
Die Polizei will die Suche fortsetzen, solange Hoffnung besteht. Die Gemeinde Grainau steht unter dem Eindruck des Unglücks. Als ich gestern mit Einheimischen sprach, wurde deutlich: Der See, sonst ein Ort der Erholung und Freude, zeigt heute seine unberechenbare Seite. Manchmal liegt Schönheit und Gefahr so nah beieinander.