Die Wahl der neuen Richter für das Bundesverfassungsgericht steht an. Am Donnerstag entscheidet der Bundestag über drei neue Mitglieder des höchsten deutschen Gerichts. Die Nominierungen von Frauke Brosius-Gersdorf, Ann-Katrin Kaufhold und Günter Spinner müssen mit einer Zweidrittelmehrheit bestätigt werden – ein hohe Hürde, die politischen Konsens erfordert.
Besonders bemerkenswert ist die Nominierung von Frauke Brosius-Gersdorf. Die 53-jährige Juristin lehrt derzeit an der Universität Hannover und gilt als Expertin für Sozialrecht. In Fachkreisen wird ihre analytische Schärfe geschätzt. «Das Verfassungsgericht braucht unterschiedliche Perspektiven, um der Komplexität unserer Gesellschaft gerecht zu werden», erklärte Bundesjustizminister Julian Hoffmann gestern.
Die zweite Kandidatin, Ann-Katrin Kaufhold von der LMU München, bringt umfassende Expertise im Bereich Grundrechtsschutz mit. Der dritte Kandidat, Günter Spinner, wäre mit 61 Jahren der älteste der neuen Richter und hat sich als Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht einen Namen gemacht.
Die Bedeutung dieser Wahl kann kaum überschätzt werden. In meinen fast zwanzig Jahren als politische Berichterstatterin habe ich erlebt, wie Karlsruher Entscheidungen unser Land geprägt haben – vom Klimaschutz bis zur Migration. Vor dem Reichstagsgebäude sprach ich mit Verfassungsrechtler Thomas Mertens, der betonte: «Diese drei Personen werden die Rechtsprechung der nächsten Dekade mitprägen.»
Sollte die Wahl gelingen, wäre der Frauenanteil am Bundesverfassungsgericht mit 9 von 16 Richterinnen erstmals in der Geschichte mehrheitlich weiblich. Eine Entwicklung, die viele als überfällig betrachten. Doch entscheidend bleibt die juristische Qualifikation und die Fähigkeit, unabhängig von parteipolitischen Interessen zu urteilen. Genau das werden die Abgeordneten morgen mit ihrer Stimme bewerten.