Die Windkraft-Blockade in Berlin könnte bald Geschichte sein. Nach jahrelangem Stillstand sollen nun erstmals wieder Windräder im Stadtgebiet entstehen. Der Senat plant für 2024 eine Änderung der Bauordnung, die den Bau von bis zu fünf neuen Anlagen ermöglichen soll.
«Der aktuelle Zustand ist unhaltbar», sagte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey gestern bei einem Ortstermin in Pankow. Seit 2002 wurden in Berlin keine neuen Windkraftanlagen mehr gebaut. Lediglich sechs ältere Windräder drehen sich derzeit im Stadtgebiet – zu wenig für die Klimaziele der Hauptstadt.
Kern des Problems sind komplizierte Genehmigungsverfahren und Mindestabstände zur Wohnbebauung. Die sogenannte Berliner Formel verlangt bisher einen Abstand, der der zehnfachen Höhe der Anlage entspricht. Bei modernen Windrädern mit 200 Metern Höhe wären das zwei Kilometer – in der dichtbesiedelten Metropole praktisch unmöglich einzuhalten.
Bei meinen Recherchen in Brandenburg fiel mir auf, wie absurd die Situation ist: Direkt hinter der Stadtgrenze stehen Dutzende moderne Windräder, während Berlin seine Potenziale ungenutzt lässt.
Die Gesetzesänderung sieht nun vor, den Mindestabstand auf 500 Meter zu reduzieren. «Wir brauchen pragmatische Lösungen statt bürokratischer Hürden», betont Umweltsenatorin Yvonne Kara. Kritiker wie die Initiative «Berliner Luft» befürchten jedoch Lärmbelästigung und Schattenschlag. «Die Anwohnerinteressen werden einfach übergangen», kritisiert Sprecher Michael Weber.
Die Naturschutzbehörde gibt dagegen Entwarnung. Untersuchungen hätten gezeigt, dass moderne Anlagen deutlich leiser arbeiten als ihre Vorgänger.
Für den Klimaschutz könnte die Änderung ein wichtiger Schritt sein. Berlin verbraucht jährlich rund 13 Terawattstunden Strom – bisher kommt nur ein Bruchteil aus erneuerbaren Quellen vor Ort. Ob die Windkraft-Wende gelingt, hängt jetzt von der politischen Umsetzung ab. Die alten Konflikte könnten sich als zäher erweisen als der Herbstwind, der heute durch meine Hamburger Heimat weht.