Während die meisten Münchner gestern Abend beim Public Viewing mitfieberten, schrieb ein 23-jähriger Hamburger im Olympiastadion Berlin Geschichte. Nils Abdilaahi pulverisierte den 32 Jahre alten deutschen 5000-Meter-Rekord von Dieter Baumann mit einer Zeit von 12:54,21 Minuten – eine Leistung, die viele Experten für unmöglich gehalten hatten. Damit katapultierte sich der Deutsch-Somalier in die absolute Weltspitze und setzte ein Ausrufezeichen für die kommenden Olympischen Spiele.
Was diesen Rekord so bemerkenswert macht, ist nicht nur die Zeit, sondern die Art und Weise, wie Abdilaahi lief. Seine Tempoverschärfung zwei Kilometer vor Schluss sprengte das internationale Feld. «Ich habe mich wie im Flow gefühlt, als hätte ich Flügel», erklärte der sichtlich überwältigte Abdilaahi nach dem Rennen. Sein Trainer Hassan Mahad ergänzt: «Nils kombiniert afrikanisches Lauftalent mit deutscher Trainingsmentalität. Diese Mischung macht ihn so außergewöhnlich.»
Beeindruckend ist auch Abdilaahis Entwicklung. Vor drei Jahren noch völlig unbekannt, verbesserte er seine Bestzeit innerhalb von 24 Monaten um fast 40 Sekunden – ein Quantensprung, der selbst in der datengetriebenen Welt des Spitzensports für Aufsehen sorgt. Mit speziellen Trainingsalgorithmen und biometrischer Laufanalyse hat sein Team jeden Schritt optimiert. Die neue Generation von Laufschuhen, die bei jedem Schritt bis zu vier Prozent Energie zurückgeben, tut ihr Übriges.
Der Rekord wirft die Frage auf, ob wir am Beginn einer neuen Ära der deutschen Leichtathletik stehen. In einer Sportart, die jahrelang von internationalen Stars dominiert wurde, könnte Abdilaahi der Vorbote eines Generationenwechsels sein. Während Baumann 1992 olympisches Gold holte, träumt Deutschland seit Jahrzehnten von ähnlichen Erfolgen. Haben wir endlich wieder einen Läufer, der die 5000 Meter nicht nur läuft, sondern fliegt?