Als ich gestern durch das stimmungsvolle Gazi-Stadion auf der Waldau schlenderte, fühlte ich mich wie in einer Zeitkapsel. Der älteste Profifußballklub der Welt, Notts County (gegründet 1862!), traf auf die Stuttgarter Kickers im ältesten noch genutzten Stadion Deutschlands. Was für ein historisches Aufeinandertreffen!
Die Waldau atmet Geschichte. Seit 1905 wird hier gekickt – lange bevor Smartphones, VAR oder überhaupt Fernsehübertragungen existierten. Der Rasen, auf dem schon unzählige Fußballschuhe ihre Spuren hinterlassen haben, erlebte gestern ein besonderes Freundschaftsspiel. Die Kickers, selbst 1899 gegründet und damit ein echtes Traditionsschwergewicht, zeigten sich als perfekte Gastgeber für die Engländer.
«Solche Begegnungen sind für uns unbezahlbar», erklärte Kickers-Geschäftsführer Matthias Becher. «Sie verbinden nicht nur zwei traditionsreiche Vereine, sondern zeigen auch, dass Fußball mehr ist als nur ein modernes Geschäft.» Tatsächlich stand bei diesem Spiel nicht das Ergebnis im Vordergrund, sondern die Verbundenheit zweier Klubs, die den Fußball seit seinen Anfängen prägen.
Die Fans beider Vereine feierten gemeinsam ein Fußballfest der alten Schule. Keine überteuerten VIP-Lounges, keine endlosen LED-Werbebanden – stattdessen Bratwurst, Bier und ehrliche Fußballatmosphäre. Notts County, der Verein, der einst sogar als Vorbild für Juventus Turin diente (daher die schwarz-weißen Streifen der Italiener), zeigte sich beeindruckt vom deutschen Traditionsstandort.
In Zeiten, wo Fußball oft nur noch als Milliardengeschäft wahrgenommen wird, erinnern solche Begegnungen an die Wurzeln des Sports. Wird es in zehn Jahren noch solche authentischen Erlebnisse geben? Oder werden Tradition und Geschichte endgültig dem Kommerz geopfert? Die Waldau jedenfalls beweist: Fußballromantik lebt – zumindest an einigen besonderen Orten.