Die schwarz-rote Koalition in Hessen hat die Spielregeln für Landtagswahlen geändert, und nicht alle sind damit einverstanden. Seit Juli gilt: Parteien, die weniger als fünf Prozent der Stimmen erhalten, ziehen nicht mehr in den Landtag ein – auch wenn sie Direktmandate gewinnen. Die FDP sieht darin einen massiven Eingriff in demokratische Grundsätze und hat nun Verfassungsklage eingereicht.
«Es geht hier um nichts weniger als die Grundprinzipien unserer Demokratie», erklärt Stefan Naas, Fraktionsvorsitzender der FDP im Hessischen Landtag. Bisher konnte eine Partei mit einem gewonnenen Direktmandat trotz Unterschreitung der Fünf-Prozent-Hürde ins Parlament einziehen. Diese Grundmandatsklausel wurde nun abgeschafft.
Als ich vergangene Woche mit Wählern in Darmstadt sprach, wurde deutlich: Viele verstehen die Tragweite dieser Änderung kaum. Dabei betrifft sie potenziell alle kleineren Parteien – nicht nur die FDP, sondern auch Grüne und Linke, falls deren Zustimmungswerte weiter sinken.
CDU und SPD argumentieren, sie wollten eine «Zersplitterung» des Parlaments verhindern. Kritiker sehen dagegen ein politisches Kalkül: «Das ist ein durchsichtiges Manöver, um unliebsame Konkurrenz auszuschalten», kommentiert der Politikwissenschaftler Hans Meyer von der Goethe-Universität Frankfurt.
Die FDP hofft nun auf das Urteil des Staatsgerichtshofs. Die Entscheidung könnte grundlegende Bedeutung haben – nicht nur für Hessen, sondern für das Wahlrecht in ganz Deutschland. Denn was zunächst wie eine technische Detailfrage erscheint, rührt an den Kern unserer Frage: Wie viel Vielfalt verträgt und braucht eine parlamentarische Demokratie?