Die Berliner Innenstadt ohne Autos? Die Initiative «Berlin Autofrei» sammelt seit gestern wieder Unterschriften für einen Volksentscheid. Das Ziel: innerhalb des S-Bahn-Rings sollen nur noch Ausnahmefahrten erlaubt sein. Der erste Anlauf 2021 scheiterte knapp. Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey zeigt: 47 Prozent der Berliner lehnen die Idee ab, 42 Prozent befürworten sie.
Auf dem Alexanderplatz spreche ich mit Passanten. Rentnerin Erika Müller (68) aus Marzahn ist skeptisch: «Ich brauche mein Auto, um meine Enkelin in Charlottenburg zu besuchen. Mit Bus und Bahn dauert das ewig.» Der Student Jan Weber (24) aus Kreuzberg hingegen schwärmt: «Eine Stadt ohne Autos wäre ein Traum. Weniger Lärm, bessere Luft und mehr Platz für uns alle.»
Die Initiative argumentiert mit Klimaschutz und Lebensqualität. Sprecher Tobias Klein erklärt: «Jeder zehnte Quadratmeter in Berlin ist dem Auto gewidmet. Diese Flächen könnten wir für Parks, Spielplätze und bezahlbaren Wohnraum nutzen.» Die Berliner Wirtschaftssenatorin warnt dagegen vor Einschränkungen für Handel und Dienstleister.
In meinen fast zwanzig Jahren als Journalistin habe ich viele verkehrspolitische Debatten begleitet. Selten war eine so emotional wie diese. In Hamburg gab es ähnliche Diskussionen, die letztlich zu mehr Fahrradwegen führten.
Die Initiative braucht 240.000 Unterschriften, um einen Volksentscheid zu erreichen. Was auch immer das Ergebnis sein wird – die Frage, wem unsere Straßen gehören, wird Berlin noch lange beschäftigen. Und vielleicht werden unsere Enkelkinder kopfschüttelnd fragen, warum wir einst so viel Platz für Blechkisten reserviert haben.