Erstmals wurde gestern in Berlin ein ARD-Sommerinterview durch Demonstranten vollständig unterbrochen. Als AfD-Chefin Alice Weidel vor laufender Kamera über ihre Pläne für eine «Remigrationspolitik» sprach, stürmten etwa 30 Aktivisten das Außengelände der ARD. Die Übertragung musste nach nur vier Minuten abgebrochen werden. Laut Polizei wurden drei Sicherheitskräfte leicht verletzt.
Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die zunehmend aufgeheizte politische Stimmung im Land. Nachdem die AfD bei den letzten Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen stärkste Kraft wurde, haben sich die Proteste gegen die Partei intensiviert. Besonders Weidels umstrittene Aussagen zur Ausweitung von Abschiebungen sorgten für Empörung.
«Wir verurteilen diese Störaktion aufs Schärfste», erklärte ARD-Chefredakteur Marcus Bornheim. «Interviews mit demokratisch gewählten Vertretern müssen in unserem Land ohne Einschüchterung stattfinden können.» Gleichzeitig betonen Kritiker, dass Weidels Positionen selbst demokratische Grundwerte in Frage stellen.
Die Demonstranten, die sich der Gruppe «Nie wieder ist jetzt» zuordnen, verteidigten ihre Aktion. «Wer Massendeportationen plant, darf keine Bühne bekommen», sagte Sprecherin Leonie Weber.
Ich habe in meinen zwanzig Jahren als Politikjournalistin noch nie erlebt, dass ein Sommerinterview komplett abgebrochen werden musste. Normalerweise bleiben solche Proteste hinter Absperrungen.
Der Protest zeigt die tiefe Spaltung der Gesellschaft. Während die einen das Recht auf freie Meinungsäußerung auch für AfD-Politiker betonen, sehen andere eine Grenze überschritten, wenn über Massenabschiebungen diskutiert wird. Die ARD plant, das Interview mit Weidel in den nächsten Tagen nachzuholen – dann mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen. Ob das die Gemüter beruhigt, bleibt fraglich.