In Stuttgart erinnerten gestern über 7.000 Menschen an den Völkermord von Srebrenica vor fast 29 Jahren. Sie marschierten schweigend durch die Innenstadt, viele in weißen T-Shirts mit der Aufschrift «Srebrenica Genocide». Der jährliche Gedenkmarsch, einer der größten in Europa außerhalb Bosniens, fand zum 13. Mal statt. Im Juli 1995 ermordeten bosnisch-serbische Truppen über 8.000 muslimische Jungen und Männer – das schwerste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.
Für viele Teilnehmer ist die Erinnerung noch immer schmerzhaft präsent. «Mein Onkel wurde damals getötet, sein Leichnam erst 2008 identifiziert», erzählt Amra Mehić, die als Kind nach Baden-Württemberg flüchtete. Der Gedenkmarsch führte vom Rotebühlplatz zum Schlossplatz, wo Reden und Gebete stattfanden. Die Stadtverwaltung unterstützte die Veranstaltung.
Als ich durch die Menge ging, fielen mir besonders die vielen jungen Menschen auf. «Wir müssen die Erinnerung weitertragen», sagt der 17-jährige Emir, dessen Großvater den Genozid überlebte. Die Organisatoren, darunter der Verein «Gemeinschaft der Bosniaken in Stuttgart«, wollen mit dem Marsch nicht nur an die Opfer erinnern, sondern auch ein Zeichen gegen wachsenden Nationalismus in Europa setzen.
Der Völkermord ist seit 2007 durch internationale Gerichtshöfe als solcher anerkannt. Trotzdem werden die Ereignisse in Teilen Bosniens und Serbiens bis heute geleugnet. Eine Teilnehmerin fragte mich: «Was haben wir aus Srebrenica gelernt, wenn heute wieder in Europa Krieg herrscht?» Eine Frage, die mich auf dem Heimweg durch Stuttgart noch lange beschäftigte.