Vor dem Berliner Reichstagsgebäude entfaltet sich heute ein 400 Quadratmeter großes Statement – aktivistische Verbände haben dort als Reaktion auf den umstrittenen «Flaggenstreit» eine gigantische Regenbogenflagge ausgerollt. Der symbolische Akt richtet sich gegen die Entscheidung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), die das Hissen der Flagge am Parlamentsgebäude untersagt hatte – während zeitgleich in der Hauptstadt der Christopher Street Day mit hunderttausenden Teilnehmern stattfindet.
«Diese Flagge steht für die Vielfalt unserer Gesellschaft und die Rechte aller Menschen», erklärt Alfonso Pantisano vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland. Vor Ort treffe ich auf zahlreiche Menschen, die von einem «falschen Signal in schwierigen Zeiten» sprechen. Die Stimmung ist friedlich, aber entschlossen. In den sozialen Medien hatte die Absage bereits heftige Reaktionen ausgelöst, besonders da die Regenbogenflagge in früheren Jahren durchaus am Bundestag zu sehen war.
Die CDU-Politikerin Klöckner begründet ihre Entscheidung mit der Neutralitätspflicht des Parlaments. «Der Bundestag vertritt alle Menschen in Deutschland», betonte sie und verwies auf die Hausordnung. Bemerkenswert: Während ihrer Ablehnung leuchtete das Brandenburger Tor nur wenige hundert Meter entfernt in Regenbogenfarben – mit offizieller Genehmigung des Berliner Senats.
Als ich durch die Menge gehe, höre ich immer wieder dieselbe Kritik: In einer Zeit, in der rechtsextreme Kräfte an Einfluss gewinnen, sei die Entscheidung ein falsches Signal. Die bunte Flagge vor dem grauen Reichstagsgebäude wirkt heute wie ein Ausrufezeichen. Sie erinnert uns daran, dass Symbole manchmal mehr sind als nur Stoff und Farbe – sie sind Ausdruck unserer Werte als Gesellschaft.