Der Berliner Christopher Street Day (CSD) steht vor unerwarteten Herausforderungen. Die größte Pride-Parade Deutschlands verzeichnet in diesem Jahr einen dramatischen Rückgang bei den Sponsorengeldern. Fast 70 Prozent weniger finanzielle Unterstützung fließt in die Veranstaltung, die am 27. Juli durch die Hauptstadt ziehen wird. Grund dafür ist die aktuelle US-Politik, insbesondere die Abschiebepläne von Ex-Präsident Donald Trump, die viele internationale Unternehmen verunsichert.
Dennoch: Die Demonstration wird stattfinden. «Wir lassen uns nicht unterkriegen», erklärt Marcel Voges vom Berliner CSD-Vorstand. Die Organisatoren haben bereits Sparmaßnahmen eingeleitet. Die Bühne am Brandenburger Tor wird kleiner ausfallen, einige Programmteile wurden gestrichen. Was bleibt, ist der politische Kern der Veranstaltung – ein Anliegen, das mir persönlich bei meinen Berichterstattungen zum CSD in den vergangenen Jahren immer wichtiger erschien.
Die Bedeutung des CSD geht weit über eine bunte Parade hinaus. Während in Deutschland Regenbogenflaggen wehen, werden in über 60 Ländern der Welt Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt. Auch hierzulande nehmen queerfeindliche Übergriffe zu, wie Zahlen des Bundesinnenministeriums belegen. Im vergangenen Jahr wurden 1.037 Straftaten gegen LGBTIQ+ Menschen registriert – ein Anstieg um 14 Prozent.
«Die Pride war nie nur eine Party, sondern immer auch ein politisches Statement», betont LGBTIQ+-Aktivistin Johanna Weber. Als ich sie letzte Woche in einem Café in Kreuzberg traf, ergänzte sie: «Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zeigt sich, wer wirklich hinter der Community steht.»
Der Berliner CSD erwartet trotz finanzieller Einbußen hunderttausende Teilnehmende. Ob die Veranstaltung langfristig ihren Charakter verändern muss, bleibt offen. Doch vielleicht liegt gerade in der Rückbesinnung auf den Demonstrationscharakter eine Chance: Weniger Kommerz, mehr Protest. In einer Zeit, in der Minderheitenrechte weltweit unter Druck geraten, wäre das ein starkes Signal aus Berlin.