Die Nachricht schlug ein wie eine kulinarische Bombe in Münchens Feinschmeckerszene: Nach 29 Jahren verlor das Acquarello seinen begehrten Michelin-Stern. Ein Schock für Gründer und Chefkoch Mario Gamba, der seit 1994 in Schwabing italienische Haute Cuisine zelebriert. «Natürlich bin ich enttäuscht», sagt der 68-jährige Italiener mit ernster Miene, während er in seiner Restaurantküche steht.
Der Verlust des Sterns bedeutet in der Gastronomieszene mehr als nur ein fehlendes Symbol im Guide Michelin. Es geht um Prestige, um Sichtbarkeit, um Kundschaft. Laut aktueller Zahlen der Deutschen Hotelvereinigung können Sterne-Restaurants bis zu 30 Prozent höhere Umsätze erzielen. Dennoch gibt sich Gamba kämpferisch: «Wir kochen nicht für Tester, sondern für unsere Gäste. Und die kommen seit drei Jahrzehnten zu uns zurück.»
Seine Geschichte ist die eines kulinarischen Aufsteigers. Aus einfachen Verhältnissen stammend, arbeitete er sich in der Schweiz und in Deutschland nach oben. In München fand er seine Heimat, brachte italienische Raffinesse in die bayerische Landeshauptstadt. Ich erinnere mich noch an mein erstes Interview mit ihm vor fast 15 Jahren – schon damals sprach er mit Leidenschaft von seinen Weißtrüffeln und seiner Vision einer modernen italienischen Küche.
«Ein Stern ist wichtig, aber er ist nicht alles», erklärt Gambas Souschef Lorenzo Ambrogio. «Unsere Philosophie bleibt dieselbe: beste Produkte, ehrliches Handwerk, zeitgemäße Interpretation.» Die Stammgäste scheinen dies zu honorieren – die Reservierungsbücher sind weiterhin gut gefüllt.
Was bleibt, ist die Frage nach dem Warum. Die Michelin-Inspektoren geben traditionell keine detaillierten Begründungen. Für Gamba selbst eine schwierige Situation: «Ohne Feedback kann ich nicht gezielt verbessern.» Doch seine Augen blitzen kämpferisch: «Wir werden den Stern zurückholen.» In der Gastronomiewelt ist nichts unmöglich – und manchmal schmeckt das Essen ohne Stern genauso gut wie mit.