In Köln spitzt sich die Wohnungsnot weiter zu. Junge Familien und Menschen mit mittlerem Einkommen finden kaum noch bezahlbaren Wohnraum in der Domstadt. Nach aktuellen Zahlen des Kölner Mietervereins fehlen derzeit mindestens 30.000 Wohnungen. Die Durchschnittsmiete ist im vergangenen Jahr um fast 6 Prozent gestiegen – deutlich stärker als die Einkommen vieler Kölnerinnen und Kölner.
«Es ist wirklich frustrierend», sagt Sabine Müller, die mit ihrer Familie seit über einem Jahr eine größere Wohnung sucht. «Wir haben beide feste Jobs, aber bei den verlangten Mieten bleibt am Ende nichts übrig.» Was mich bei meinen Recherchen besonders berührt: Die Verzweiflung ist längst in der Mittelschicht angekommen. Nicht nur Studierende oder Geringverdiener, sondern auch Lehrerfamilien oder Pflegekräfte ziehen ins Umland.
Stadtentwicklungsexperte Prof. Michael Weber von der TH Köln sieht mehrere Ursachen: «Die Stadt wächst jährlich um etwa 10.000 Menschen, während der Wohnungsbau stockt. Gleichzeitig werden immer mehr Mietwohnungen in Eigentum umgewandelt.» Die Stadt Köln hat zwar ein Handlungskonzept Wohnen verabschiedet, doch die Maßnahmen greifen zu langsam.
Die Folgen sind bereits im Stadtbild sichtbar. In Stadtteilen wie Ehrenfeld oder Nippes, die traditionell von einer durchmischten Bevölkerung geprägt waren, findet eine schleichende Entmischung statt. Das erlebe ich bei meinen Streifzügen durch die Veedel immer deutlicher. Wo früher der Bäckermeister neben der Lehrerin wohnte, entstehen zunehmend Inseln der Wohlhabenden.
Hoffnung macht immerhin die wachsende Zahl von Baugemeinschaften und Wohnprojekten. «Wir brauchen kreative Lösungen jenseits des reinen Marktes», sagt Sozialarbeiter Thomas Klein vom Kölner Mieterverein. Die Frage bleibt: Gelingt es Köln, seine Vielfalt zu bewahren, oder wird die Stadt zum Wohnort der Besserverdienenden?