In den Straßen Berlins löste die Polizei am Sonntag mehrere Sitzblockaden nach einer propalästinensischen Demonstration auf. Rund 2.000 Menschen hatten sich am Nachmittag in Kreuzberg versammelt, um gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen zu protestieren. Nach Polizeiangaben wurden etwa 150 Demonstranten vorübergehend festgenommen, nachdem sie sich trotz mehrfacher Aufforderungen weigerten, wichtige Verkehrsadern freizugeben.
«Die Stimmung hier ist aufgeladen wie selten zuvor», beobachtete ich vor Ort am Kottbusser Tor, wo sich einige Demonstranten mit Transparenten auf die Fahrbahn setzten. Viele riefen «Free Palestine» und forderten ein Ende der Kampfhandlungen. Die Polizei war mit einem Großaufgebot von über 500 Beamten im Einsatz – ein Zeichen dafür, wie angespannt die Behörden die Lage einschätzen.
Die Versammlung verlief zunächst überwiegend friedlich, wurde jedoch gegen 17 Uhr vom Veranstalter selbst beendet. «Wir haben die Demonstration aufgelöst, nachdem einige Teilnehmer wiederholt Auflagen missachtet haben», erklärte ein Polizeisprecher. In den Folgestunden bildeten sich spontane Blockaden an der Skalitzer Straße und am Oranienplatz, die von Einsatzkräften geräumt wurden. Dabei kam es vereinzelt zu Widerstandshandlungen.
Eine Anwohnerin, die ihren Namen nicht nennen möchte, zeigte sich besorgt: «Ich verstehe die Wut der Demonstranten, aber die Polarisierung nimmt beängstigende Formen an.» Diese Einschätzung teilen viele Berliner, die ich in den letzten Monaten zu diesem Thema gesprochen habe. Die Proteste rund um den Nahostkonflikt haben in unserer Stadt besondere Brisanz – kaum eine andere deutsche Metropole vereint so viele verschiedene Perspektiven auf diesen Konflikt.
Für die kommenden Wochen sind weitere Demonstrationen angekündigt. Innensenatorin Iris Spranger mahnte alle Beteiligten zur Besonnenheit: «Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut, aber es endet dort, wo Straftaten beginnen.» Wie Berlin diesen Balanceakt zwischen Meinungsfreiheit und Sicherheit meistern wird, bleibt eine der größten Herausforderungen für unsere Stadtgesellschaft.