Die VW-Konzernspitze hat gestern in Wolfsburg eine radikale Umstrukturierung ihrer deutschen Werke angekündigt. Erstmals in der Unternehmensgeschichte sollen Standortgarantien aufgehoben und betriebsbedingte Kündigungen möglich werden. Die Märkte reagierten schockiert – die VW-Aktie verlor bis Handelsschluss über acht Prozent ihres Wertes.
Auf dem Weg durch die Werkshallen in Wolfsburg, wo ich letzte Woche noch Gespräche führte, war die Nervosität bereits spürbar. Nun ist klar: Die Produktionskosten müssen um 10 Prozent sinken. VW-Konzernchef Oliver Blume spricht von einer «notwendigen Neuausrichtung» angesichts sinkender Verkaufszahlen und steigender Konkurrenz aus Asien.
«Wir müssen wettbewerbsfähiger werden und unsere Kostenstruktur grundlegend überarbeiten», erklärte Blume. Besonders der Kernmarke VW setzt die schwächelnde Nachfrage zu. Die Kapazitätsauslastung der deutschen Werke liegt derzeit bei nur 65 Prozent.
Der Betriebsrat zeigt sich kämpferisch. «Eine Aufkündigung der Beschäftigungssicherung werden wir nicht akzeptieren», sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo. Seit den 1990er Jahren galt bei VW das Versprechen: keine betriebsbedingten Kündigungen.
Die Dramatik der Lage erinnert mich an die Dieselkrise 2015. Doch diesmal geht es nicht um einen Skandal, sondern um strukturelle Probleme. Die schleppende E-Auto-Nachfrage und günstigere chinesische Konkurrenz setzen den Konzern unter massiven Druck.
Für die 120.000 Beschäftigten in Deutschland bedeuten die kommenden Monate große Unsicherheit. Auch die Zuliefererbranche in Niedersachsen blickt besorgt auf die Entwicklung. Für die Wirtschaft der gesamten Region steht viel auf dem Spiel.
Die Frage, die sich viele stellen: Kann der Traditionskonzern den Wandel zur E-Mobilität meistern, ohne sein soziales Gesicht zu verlieren? Die Antwort darauf wird nicht nur VW, sondern den Industriestandort Deutschland prägen.