Die Suche nach dem stillen Örtchen wird in deutschen Städten zunehmend zur Herausforderung. Laut einer aktuellen Erhebung des Deutschen Städtetages fehlen bundesweit mindestens 5.000 öffentliche Toiletten. In Hamburg etwa kommen auf 100.000 Einwohner gerade einmal sieben Anlagen – viel zu wenig für eine Metropole dieser Größe. Die Situation verschärft sich besonders in Innenstädten, wo Cafés und Restaurants ihre Toiletten immer häufiger nur zahlenden Kunden zur Verfügung stellen.
Was auf den ersten Blick wie ein Luxusproblem wirkt, hat ernsthafte gesellschaftliche Folgen. Für ältere Menschen, Schwangere oder chronisch Kranke bedeutet der Mangel an öffentlichen Toiletten eine massive Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit. «Viele meiner Patienten mit Blasenschwäche trauen sich kaum noch in die Stadt», berichtet Dr. Martina Weber, Urologin aus München. «Das ist keine Nebensächlichkeit, sondern führt zu sozialer Isolation.»
In Baden-Württemberg hat die Stadt Freiburg mit ihrem «Nette Toilette»-Konzept einen pragmatischen Ansatz gefunden: Lokale stellen ihre Toiletten gegen eine kleine Aufwandsentschädigung der Stadt für alle zur Verfügung. «Das Konzept funktioniert hervorragend und kostet nur einen Bruchteil dessen, was neue öffentliche Anlagen verschlingen würden», erklärt Stadtrat Thomas Kleinert.
Was mich bei meinen Recherchen besonders beeindruckt hat: In Japan gibt es Apps, die nicht nur den Weg zur nächsten Toilette weisen, sondern auch deren Ausstattung und Barrierefreiheit anzeigen. Solche digitalen Lösungen wären auch hierzulande denkbar.
Die Toilettenfrage ist letztlich ein Spiegel dafür, wie inklusiv unsere Städte wirklich sind. Städteplaner sollten das Thema nicht länger als peinliche Randnotiz behandeln. Denn eine Stadt, in der man seine Grundbedürfnisse nicht erfüllen kann, ist keine lebenswerte Stadt – ganz gleich, wie schön ihre Fassaden sind. Oder wie eine Rentnerin aus Hamburg es mir gegenüber formulierte: «Eine öffentliche Toilette zu finden, sollte kein Glücksspiel sein.»