Die Straßen rund um den Kottbusser Tor gleichen dieser Tage einem Notstandsgebiet. Bis zu 200 Drogenkonsumenten drängen sich täglich in Hauseingängen, Parks und auf Spielplätzen. Der Berliner Suchthilfeverein Fixpunkt schlägt jetzt Alarm: Nach der Schließung wichtiger Hilfsangebote im Görlitzer Park sind die verbleibenden Anlaufstellen völlig überlastet. «Wir müssen Menschen abweisen, die dringend Hilfe brauchen», berichtet Astrid Leicht, Geschäftsführerin von Fixpunkt.
Die Zahlen sind alarmierend. Seit April hat sich die Zahl der Hilfesuchenden in der Fixpunkt-Anlaufstelle am Kottbusser Tor fast verdoppelt. Täglich kommen rund 90 Personen, obwohl die Räume nur für maximal 50 ausgelegt sind. «Das Elend ist von einem Ort auf die Straße gedrückt worden», erklärt Sozialarbeiter Marco Schmidt, der seit 15 Jahren bei Fixpunkt arbeitet.
Besonders dramatisch: Die medizinische Grundversorgung für Menschen ohne Krankenversicherung kann kaum noch geleistet werden. Eine Konsequenz der verfehlten Drogenpolitik, wie Leicht kritisiert. Bei meinem letzten Besuch vor Ort musste ich miterleben, wie eine junge Frau mit infizierten Einstichstellen abgewiesen wurde – ein Anblick, der mich auch nach all den Jahren Berichterstattung noch erschüttert.
Die Berliner Gesundheitsverwaltung hat zwar Unterstützung zugesagt, doch die versprochenen 500.000 Euro Soforthilfe sind bislang nicht eingetroffen. Ein Sprecher verweist auf «laufende Abstimmungen». Unterdessen verschärft sich die Lage täglich. Anwohner berichten von mehr Spritzen auf Spielplätzen, die Polizei registriert steigende Konflikte.
Für Berlin steht mehr auf dem Spiel als nur die Drogenproblematik. Es geht um gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer Stadt, die an ihre Grenzen stößt. Fixpunkt plant nun Protestaktionen. Die Frage bleibt: Wieviel Elend muss sichtbar werden, bevor die Politik handelt?