In deutschen Kinderkliniken zeigt sich dieser Winter ein bemerkenswerter Trend: Die Zahl der RSV-Erkrankungen bei Säuglingen ist drastisch zurückgegangen. Das Respiratorische Synzytial-Virus, das gefürchtete Atemwegsinfektionen bei den Kleinsten verursacht, hat seinen Schrecken teilweise verloren. Verantwortlich dafür ist der neue monoklonale Antikörper Nirsevimab, der seit letztem Jahr verfügbar ist. Laut aktuellen Daten des Robert Koch-Instituts wurden die schweren Verläufe bei Babys um etwa die Hälfte reduziert – ein Erfolg, der an die Einführung der Polio-Impfung in den 1960er Jahren erinnert.
Die Wirksamkeit des Präparats übertrifft selbst optimistische Erwartungen. «Wir sehen eine Entlastung, die wir so nicht zu hoffen gewagt hätten», erklärt Dr. Monika Weber, Leiterin der Neonatologie an der Universitätsklinik München. In ihrer Abteilung wurden diesen Winter 60% weniger RSV-Fälle behandelt als im Vorjahr. Der Antikörper schützt die Kleinsten für etwa fünf Monate – genau während der kritischen RSV-Saison von November bis März. Besonders bei Frühgeborenen und Kindern mit Herzfehlern, für die eine RSV-Infektion lebensgefährlich sein kann, zeigt sich die Wirkung deutlich.
Die Gabe erfolgt als einmalige Injektion und wird von den Krankenkassen für alle Neugeborenen übernommen. Dies stellt einen bedeutenden Durchbruch dar, nachdem Jahrzehnte lang an einem wirksamen Schutz geforscht wurde. Auch wirtschaftlich macht die Präventionsmaßnahme Sinn: Jährlich mussten bisher etwa 20.000 Kinder in Deutschland wegen RSV stationär behandelt werden. Die Kosten beliefen sich auf rund 100 Millionen Euro.
Doch trotz des Erfolgs bleiben Fragen offen. Wie lange der Schutz genau anhält und ob Folgedosen in späteren Jahren notwendig sein könnten, wird derzeit erforscht. Zudem erreicht die Präventionsmaßnahme noch nicht alle Kinder. «Wir müssen sicherstellen, dass auch sozial benachteiligte Familien Zugang zu dieser wichtigen Prophylaxe erhalten», mahnt Weber. Der medizinische Fortschritt ist beeindruckend – nun gilt es, ihn allen Kindern zugänglich zu machen.