Als ich vergangenen Donnerstag an der Großen Meißner Straße in Dresden vorbeiging, fiel mir sofort das Großaufgebot an Polizeibeamten auf. Was zunächst wie eine Routinekontrolle wirkte, entpuppte sich als umfangreiche Razzia gegen die lokale Sprayer-Szene. 43 Polizeibeamte durchsuchten insgesamt zehn Objekte im Stadtgebiet – darunter Wohnungen, Geschäftsräume und ein Vereinsheim.
Die Dresdner Staatsanwaltschaft hat nach monatelangen Ermittlungen gegen 14 Beschuldigte im Alter zwischen 24 und 41 Jahren Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt. Der Vorwurf: Sachbeschädigung in besonders schwerem Fall. «Wir gehen davon aus, dass die Beschuldigten seit 2020 mehrere hundert Graffiti im gesamten Stadtgebiet angebracht haben», erklärte Polizeisprecher Thomas Geithner vor Ort.
Bei den Durchsuchungen stellten die Beamten beachtliche Mengen an Beweismaterial sicher: Hunderte Spraydosen, Skizzen, elektronische Geräte und sogar spezielle Kletterausrüstung. Besonders auffällig war die professionelle Organisation der Verdächtigen. «Die Szene ist bestens vernetzt und arbeitet teilweise mit erstaunlicher Präzision», berichtete mir ein Ermittler, der anonym bleiben wollte.
Die Polizei schätzt den entstandenen Sachschaden auf mehr als 350.000 Euro. Betroffen sind hauptsächlich Bahnanlagen, öffentliche Verkehrsmittel und Gebäude. Dresden kämpft seit Jahren mit diesem Problem – die Kosten für die Beseitigung belasten den städtischen Haushalt erheblich.
Während einige Anwohner die Razzia begrüßen, sehen andere die Aktion kritisch. «Street-Art gehört zum Stadtbild. Man sollte lieber legale Flächen schaffen, statt mit Razzien zu reagieren», meint Anwohnerin Sandra K. aus der Neustadt.
Die Frage bleibt: Wo verläuft die Grenze zwischen Vandalismus und Kunst im öffentlichen Raum? Die Antwort darauf wird Dresden wohl noch lange beschäftigen – auch wenn die Polizei mit dieser Aktion ein deutliches Zeichen gesetzt hat.