Der Lehrermangel in Berlin bleibt auch zu Beginn des neuen Schuljahres ein drängendes Problem. Rund 32.700 Lehrkräfte unterrichten die 395.000 Schülerinnen und Schüler an den öffentlichen Schulen der Hauptstadt – doch die Lücke ist weiterhin groß. Nach Angaben der Bildungsverwaltung fehlen zum Schulstart etwa 550 Vollzeitstellen. Die Situation hat sich zwar leicht verbessert, eine durchgreifende Entlastung ist aber erst in einigen Jahren zu erwarten.
«Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um mehr Lehrkräfte zu gewinnen», erklärt Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch. Doch die Realität in den Klassenräumen sieht anders aus. An vielen Schulen müssen Stundenpläne umgestellt, Klassen zusammengelegt oder Wahlfächer gestrichen werden. Besonders betroffen sind Schulen in sozialen Brennpunkten, wo der Personalmangel die ohnehin schwierigen Bedingungen noch verschärft.
Der Lehrermangel ist kein neues Phänomen in Berlin. Seit Jahren verschärft sich die Situation durch steigende Schülerzahlen und viele altersbedingte Abgänge von Lehrkräften. Um die Lücken zu schließen, setzt der Senat verstärkt auf Quereinsteiger. Inzwischen hat fast jede vierte neue Lehrkraft keinen klassischen Lehramtsabschluss.
«Die Belastung für uns Lehrer wird immer größer», berichtet Martin Weber, der seit 15 Jahren an einer Grundschule in Neukölln unterrichtet. «Wir übernehmen zusätzliche Stunden, betreuen Quereinsteiger und versuchen trotzdem, für unsere Schüler da zu sein.»
Als ich letzte Woche eine Schule in Marzahn besuchte, berichtete die Schulleiterin von kreativen Notlösungen: Pensionierte Lehrkräfte springen ein, Eltern unterstützen bei Projekten, digitale Lernplattformen werden ausgebaut. Doch all das kann den Mangel an ausgebildeten Pädagogen nicht wirklich kompensieren.
Fachleute rechnen erst ab 2027 mit einer spürbaren Entspannung, wenn die verstärkten Ausbildungsbemühungen Früchte tragen. Bis dahin bleibt der Schulalltag in Berlin ein täglicher Balanceakt zwischen pädagogischem Anspruch und personeller Realität. Die Frage, die sich Eltern, Lehrkräfte und Bildungspolitiker gleichermaßen stellen: Wie viel Improvisation verträgt unser Bildungssystem noch?