Die Straßen rund um den Reichstag in Berlin gleichen heute einem Meer aus bunten Bannern und entschlossenen Gesichtern. Über 4.000 Menschen haben sich zum Protest gegen die geplanten Sozialkürzungen der Bundesregierung versammelt. Die Demonstranten fordern den Bundestag auf, das Haushaltsfinanzierungsgesetz zu stoppen, mit dem die Ampel-Koalition erhebliche Einsparungen im Sozialbereich durchsetzen will.
«Gegen die soziale Kälte» und «Schluss mit dem Kaputtsparen» – die Plakate vor dem Parlamentsgebäude sprechen eine deutliche Sprache. Im Zentrum der Kritik stehen Kürzungen bei Bürgergeld, Entwicklungshilfe und Klimaprojekten. Besonders empört sind viele über die Streichung des Sozialtickets für Bürgergeldempfänger – ein Thema, das ich in den letzten Wochen immer wieder in Gesprächen mit Betroffenen höre.
Die Stimmung vor Ort ist angespannt, aber friedlich. «Die Regierung spart an den Falschen», sagt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Er kritisiert, dass ausgerechnet bei den Ärmsten gekürzt wird, während die Schuldenbremse wie ein Dogma hochgehalten werde.
Ein breites Bündnis aus über 100 Sozial- und Umweltverbänden, Gewerkschaften und Initiativen hat zu dem Protest aufgerufen. Darunter sind bekannte Organisationen wie Campact, Attac und der Deutsche Gewerkschaftsbund. Ihre gemeinsame Botschaft: Die Einsparungen treffen die Schwächsten der Gesellschaft.
Im Bundestag läuft parallel die Haushaltsdebatte auf Hochtouren. Die Finanzierungslücke von etwa 17 Milliarden Euro für 2025 soll unter anderem durch Kürzungen im Sozialbereich geschlossen werden. Mehr dazu auf der Webseite des Bundesfinanzministeriums.
Was mich bei meinem Rundgang durch die Demonstration besonders beeindruckt: Hier stehen nicht nur die üblichen Verdächtigen, sondern Menschen aus allen Gesellschaftsschichten – von Studierenden bis zu Rentnern. Sie eint die Sorge, dass der soziale Zusammenhalt in Deutschland auf dem Spiel steht.
Während die Abgeordneten im klimatisierten Plenarsaal debattieren, schwitzen die Demonstranten in der Berliner Spätsommerhitze. Ob ihr Protest Wirkung zeigt, wird sich in den kommenden Tagen entscheiden. Klar ist: Die sozialpolitischen Weichenstellungen dieses Herbstes werden noch lange nachhallen.