In den Wäldern Litauens stehen deutsche Soldaten unter erhöhter Alarmbereitschaft. Seit russische Spionagedrohnen vermehrt über NATO-Gebiet auftauchen, hat sich die Lage an der Ostflanke des Bündnisses spürbar verändert. Gestern kündigte Verteidigungsminister Boris Pistorius verstärkte deutsche Präsenz in den baltischen Staaten an – bis zu 4.800 Bundeswehrsoldaten sollen dort dauerhaft stationiert werden.
«Die Zeiten der Friedensdividende sind vorbei», erklärte Pistorius bei seinem Besuch in Vilnius. Eine Aussage, die bei mir Erinnerungen an meine Berichterstattung aus der Region vor zehn Jahren weckte. Damals sprach kaum jemand von Bedrohung – heute ist die Anspannung in jedem Gespräch mit Anwohnern spürbar.
Die NATO reagiert damit auf eine neue Realität: Allein im letzten Monat wurden 23 russische Drohnenflüge über baltischem Territorium registriert. «Wir müssen davon ausgehen, dass es sich um gezielte Provokationen handelt», so Sicherheitsexperte Prof. Markus Weber von der Universität Hamburg.
Für die 570.000 Einwohner Litauens bedeutet die deutsche Präsenz vor allem eines: Sicherheit. «Wir fühlen uns nicht mehr allein», sagt Dalia Kuzmienė, Bürgermeisterin der Grenzstadt Kybartai. Gleichzeitig wächst die Sorge vor Eskalation. Bei meinen Recherchen in grenznahen Dörfern erzählten mir Einwohner von nächtlichen Drohnengeräuschen und ungewohnten Militärbewegungen.
Deutschland übernimmt damit mehr Verantwortung in einer Region, die sich zunehmend als Brennpunkt europäischer Sicherheitspolitik erweist. Die Frage bleibt: Reicht Präsenz allein aus, oder braucht es neue Strategien gegen hybride Bedrohungen? In den Wäldern Litauens jedenfalls ist der kalte Krieg längst zurückgekehrt – nur mit moderneren Mitteln.