Der Ausschank im Weinbrunnen am Rüdesheimer Platz endet diese Woche nach 12 Jahren unter Leitung von Michael Krüger-Franke. Der 70-jährige Gastronom verabschiedet sich am kommenden Sonntag mit gemischten Gefühlen. Nach jahrelangen Nachbarschaftsbeschwerden wegen Lärmbelästigung hatte das Bezirksamt neue Auflagen erlassen: kürzere Öffnungszeiten, leisere Musik, weniger Sitzplätze.
«Es ist schmerzhaft, aber ich habe keine Kraft mehr für diesen Kampf», sagt Krüger-Franke, während er Weingläser poliert. Der Rheingauer Weinbrunnen ist seit 1967 eine Institution in Charlottenburg-Wilmersdorf und gilt als Berlins ältester Weinausschank unter freiem Himmel. An warmen Sommerabenden versammelten sich hier bis zu 500 Gäste – zu viele, fanden einige Anwohner.
Das Bezirksamt hat nun reagiert. Statt bis 21:30 Uhr darf künftig nur bis 21 Uhr ausgeschenkt werden. Die Besucherzahl wurde auf 350 begrenzt. «Die Kompromisslösung soll allen gerecht werden», erklärt Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger. Mir fällt auf, dass die Stimmung unter den Stammgästen angespannt ist. Viele fürchten um die Zukunft ihres geliebten Treffpunkts.
Dabei ist die Fortführung bereits gesichert. Ein neuer Betreiber wurde gefunden, bestätigt das Bezirksamt. Die Identität bleibt jedoch noch geheim. Eine Anwohnerin, die anonym bleiben möchte, hofft auf einen Neuanfang: «Wir wollen keine Partymeile, sondern einen gemütlichen Weinausschank, wie er ursprünglich gedacht war.»
In meinen fast zwanzig Jahren als Reporterin habe ich oft erlebt, wie Traditionen und modernes Stadtleben aufeinanderprallen. Der Weinbrunnen zeigt exemplarisch, wie schwierig es ist, urbane Lebensqualität für alle zu schaffen. Die Frage bleibt: Wie viel Leben verträgt eine Stadt, bevor es zu laut wird?