Die niedersächsische Polizei hat gestern ihr umstrittenes Pilotprojekt zur individuellen Kennzeichnung von Einsatzkräften gestartet. In drei ausgewählten Dienststellen tragen Beamtinnen und Beamte nun sichtbare Nummern auf ihren Uniformen. Nach Angaben des Innenministeriums in Hannover soll der einjährige Test zeigen, ob diese Maßnahme das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei stärkt.
Die Diskussion um Kennzeichnungspflichten für Polizisten schwelt bundesweit seit Jahren. Befürworter sehen darin einen wichtigen Schritt für mehr Transparenz und einfachere Aufklärung möglicher Übergriffe. Kritiker, darunter die Polizeigewerkschaften, befürchten hingegen eine Gefährdung der Beamten durch Racheakte.
«Die Kennzeichnung ist keine Unterstellung von Fehlverhalten, sondern ein Zeichen von Offenheit«, betont Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD). Bei einem Besuch der Polizeiinspektion Göttingen konnte ich beobachten, wie unterschiedlich die Stimmung unter den Beamten ist. Während jüngere Polizisten die Maßnahme oft pragmatisch sehen, zeigen sich viele erfahrene Kollegen skeptisch.
Die Nummern bestehen aus sechs Ziffern und werden nur intern zugeordnet. «Niemand kann über die Nummer herausfinden, wer ich bin – außer meine Dienstaufsicht», erklärt Polizeihauptkommissar Michael Berger. Im deutschlandweiten Vergleich ist die Kennzeichnungspflicht uneinheitlich geregelt: In Berlin, Brandenburg und Thüringen gibt es sie bereits, Bayern und Nordrhein-Westfalen lehnen sie strikt ab.
Nach Abschluss der Testphase will die rot-grüne Landesregierung entscheiden, ob die Kennzeichnung landesweit eingeführt wird. Letztlich geht es um die Grundfrage: Wie viel Transparenz braucht ein Staat, der Vertrauen in seine Sicherheitskräfte fördern will?