Die Münchner Philharmoniker finden nach der überraschenden Ausladung aus Belgien nun doch eine Bühne. Der renommierte Klangkörper wird heute Abend in der Berliner Philharmonie auftreten. Das Orchester sollte ursprünglich beim Festival Klarafestival in Brüssel spielen, wurde jedoch kurzfristig ausgeladen – offiziell wegen der Verbindung ihres Chefdirigenten Lahav Shani zu Israel.
Die Absage sorgte bundesweit für Empörung. Kulturstaatsministerin Claudia Roth nannte den Vorgang «inakzeptabel und beschämend». Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter sprach von einem «Boykott gegen einen israelischen Künstler», der an Antisemitismus grenze.
«Wir erleben eine besorgniserregende Entwicklung in der europäischen Kulturlandschaft», sagte Orchestermanager Paul Müller. In meinen fast 20 Jahren Berichterstattung habe ich selten eine solche Welle der Solidarität erlebt wie jene, die den Münchner Philharmonikern nun entgegenschlägt.
Das kurzfristig angesetzte Konzert in Berlin ist bereits ausverkauft. Der 35-jährige Lahav Shani wird Werke von Richard Strauss und Mahler dirigieren. «Musik verbindet über alle Grenzen hinweg», betonte Shani. «Genau das wollen wir heute Abend zeigen.»
Das belgische Festival begründete die Absage mit «Sicherheitsbedenken», was viele Beobachter als vorgeschobenes Argument werten. Die Frage bleibt: Wie können Kulturinstitutionen in politisch aufgeheizten Zeiten Brücken bauen, statt sie einzureißen?
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