Ein Wandel in der Integrationspolitik steht im Mittelpunkt der aktuellen Debatte in Deutschland. Schleswig-Holsteins Integrationsministerin Aminata Touré fordert dabei klare Reformen, ohne dem populistischen Zeitgeist zu folgen. «Wir brauchen eine Integrationspolitik, die diesen Namen auch verdient», erklärte die Grünen-Politikerin gestern in Kiel. Über zwei Millionen Menschen haben seit 2015 in Deutschland Schutz gesucht – eine Herausforderung, die neue Ansätze erfordert.
Touré kritisiert besonders die langwierigen Prozesse, die Geflüchtete durchlaufen müssen. «Menschen warten teilweise bis zu vier Jahre auf einen Integrationskurs», berichtet sie aus ihrer Arbeit. Diese Verzögerungen verhindern nicht nur die Teilhabe am Arbeitsmarkt, sondern belasten auch die öffentlichen Kassen. Experten schätzen, dass jedes Jahr der verzögerten Integration volkswirtschaftliche Kosten in Milliardenhöhe verursacht.
Professor Jan Schneider vom Forschungszentrum Migration bestätigt dies: «Wir verlieren wertvolle Zeit und Potenzial, wenn wir Menschen jahrelang in Warteschleifen halten.» Die Ministerin plädiert für eine pragmatische Lösung: Integrations- und Sprachkurse sollten von Anfang an für alle zugänglich sein.
In Hamburg konnte ich vergangenes Jahr ein Modellprojekt beobachten, das genau diesen Ansatz verfolgt. Dort lernen Geflüchtete bereits in den ersten Wochen Deutsch und knüpfen Kontakte zu Unternehmen. Der Erfolg gibt dem Programm Recht – fast 60 Prozent der Teilnehmenden fanden innerhalb eines Jahres Arbeit.
Die Debatte um Migration und Integration hat sich in den letzten Monaten spürbar verhärtet. Touré warnt vor einfachen Antworten: «Wir müssen aufhören, über die Köpfe der Menschen hinweg Politik zu machen.» Stattdessen brauche es Lösungen, die die Realität vor Ort anerkennen und echte Perspektiven schaffen.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich in der deutschen Integrationspolitik tatsächlich ein grundlegender Wandel vollzieht. Vielleicht liegt die Antwort weniger in großen Gesten als in konkreten Verbesserungen des Alltags. Oder wie meine alte Kollegin aus Baden-Württemberg immer sagte: «Integration passiert nicht auf dem Papier, sondern im täglichen Miteinander.»