Die Diskussion um die Erbschaftsteuer für Superreiche nimmt in Deutschland wieder Fahrt auf. Gestern forderte Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) überraschend eine grundlegende Reform. Nach seiner Analyse werden jährlich etwa 400 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt, während nur rund 10 Milliarden in die Staatskasse fließen. Diese Diskrepanz wirft Fragen nach Verteilungsgerechtigkeit in Zeiten leerer öffentlicher Kassen auf.
«Wir müssen die Schlupflöcher für die reichsten ein bis zwei Prozent in Deutschland schließen», erklärte Spahn gegenüber dem «Tagesspiegel». Seine Initiative kommt zu einem brisanten Zeitpunkt: Die Ampel-Koalition ringt verzweifelt um den Haushalt 2025, während die CDU/CSU sich für die kommende Bundestagswahl positioniert.
Besonders im Fokus stehen die großzügigen Ausnahmen für Firmenerben. Während der Bäckermeister um die Ecke beim Generationswechsel oft erhebliche Steuern zahlen muss, können Milliardenfamilien durch geschickte Gestaltung fast komplett steuerfrei vererben. Dies erlebte ich selbst bei Recherchen in Baden-Württemberg, wo mehrere Unternehmerdynastien ihren Sitz haben.
Finanzexperte Marcel Fratzscher vom DIW unterstützt Spahns Vorstoß: «Die aktuelle Regelung ist weder gerecht noch ökonomisch sinnvoll.» Aus der SPD kam prompt Zustimmung, während Teile der FDP und der Wirtschaftsflügel der Union Widerstand signalisieren.
Die Debatte trifft einen gesellschaftlichen Nerv. Während viele junge Menschen kaum Aussicht auf Wohneigentum haben, wächst das vererbte Vermögen in Deutschland kontinuierlich. Ob die Politik den Mut für echte Reformen findet, bleibt abzuwarten – die Verteilungsfrage könnte zum Wahlkampfthema werden.