Mitten in der Hauptstadt hält ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg Berlin in Atem. Am Montagvormittag entdeckten Taucher der Wasserschutzpolizei eine etwa 100 Kilogramm schwere Fliegerbombe in der Spree nahe der Museumsinsel. Was für Touristen normalerweise ein beliebtes Ausflugsziel ist, wurde zur Sperrzone. Die Polizei evakuierte rund 3.500 Menschen aus einem Umkreis von 300 Metern.
«Solche Funde sind in Berlin leider keine Seltenheit», erklärt Sprengmeister Michael Göbel vor Ort. «Die Hauptstadt war eines der am stärksten bombardierten Gebiete im Krieg.» Ich beobachte, wie routiniert die Einsatzkräfte arbeiten – als hätten sie ein eingespieltes Drehbuch. Nach fast 80 Jahren liegen noch immer schätzungsweise 4.500 Blindgänger unter Berlins Straßen und Gewässern.
Die Evakuierung betrifft auch prominente Einrichtungen wie das Berliner Ensemble, das Bode-Museum und mehrere Ministerien. Mitarbeiterin Susanne Keller vom Theater erzählt: «Wir mussten mitten in den Proben abbrechen. Das ist ärgerlich, aber natürlich geht Sicherheit vor.» Die Spree wurde für den Schiffsverkehr gesperrt, mehrere Straßen sind blockiert.
Experten des Kampfmittelräumdienstes bereiten die kontrollierte Sprengung vor. Der Fund erinnert an meine Recherchen in Baden-Württemberg, wo 2019 ein ähnlicher Blindgänger in Stuttgart gefunden wurde. Damals wie heute zeigt sich: Die Vergangenheit lauert buchstäblich unter unseren Füßen.
Erst am Abend können die Anwohner zurück in ihre Wohnungen. Berlin wird mit diesem Erbe noch Jahrzehnte leben müssen. Jede Baustelle könnte neue Funde zutage fördern. Die Hauptstadt atmet Geschichte – manchmal auf gefährliche Weise.