Die Wahl neuer Bundesrichter sorgt heute in Berlin für Spannung. Im Bundestag steht die zweite Abstimmungsrunde an, nachdem der erste Anlauf im Mai gescheitert war. Bei der Wahl für das Bundesverwaltungsgericht könnte es für einen der Kandidaten besonders eng werden. Die Opposition kritisiert das Verfahren scharf und spricht von «parteipolitischen Mauscheleien».
Auf dem Weg zum Plenarsaal beobachte ich heute viele gerunzelte Stirnen unter den Abgeordneten. Kein Wunder: Die Richterwahlsache ist ein Politikum geworden. Der Richterwahlausschuss hatte im Mai vier Kandidaten für Bundesgerichte nominiert, doch die nötige Zweidrittelmehrheit wurde verfehlt. Besonders umstritten: ein Kandidat für das Bundesverwaltungsgericht, der als SPD-nah gilt.
«Das Verfahren ist eine Farce», sagte mir ein CDU-Abgeordneter, der anonym bleiben möchte. «Hier werden Posten nach Parteibuch vergeben.» Die Ampelkoalition weist diese Vorwürfe zurück. Justizminister Marco Buschmann (FDP) betonte: «Wir schlagen ausschließlich hochqualifizierte Juristen vor, unabhängig von politischen Erwägungen.»
Das deutsche Richterwahlsystem steht immer wieder in der Kritik. Anders als in vielen anderen Ländern werden bei uns Bundesrichter in einem Gremium gewählt, in dem Politiker die Mehrheit haben. Nach meiner langjährigen Beobachtung führt das zu einem feinen Machtausgleich zwischen den Parteien – was nicht immer transparent erscheint.
Die heutige Abstimmung könnte richtungsweisend sein. Bei einem erneuten Scheitern stünde die Funktionsfähigkeit der Gerichte auf dem Spiel. Sollte die Besetzung gelingen, bleibt die Frage: Braucht Deutschland eine grundlegende Reform des Richterwahlverfahrens? Für das Vertrauen in unseren Rechtsstaat wäre mehr Transparenz sicher ein Gewinn.