In der Werkstatt der Orgelbaufirma Jehmlich in Dresden kämpft Stephan Jehmlich um das Überleben eines fast 200 Jahre alten Familienunternehmens. Seit 1836 bauen und restaurieren die Jehmlichs Orgeln – von kleinen Instrumenten bis hin zu Kirchenorgeln mit tausenden Pfeifen. Doch nun steht der letzte Nachkomme vor einem Dilemma: Die wirtschaftliche Situation wird immer schwieriger, die Auftragslage ist unsicher.
«Wir haben großartige Projekte realisiert, aber die Kosten steigen und die Kirchengemeinden haben immer weniger Geld», erklärt Jehmlich, während er durch die holzgetäfelte Werkstatt führt. An den Wänden hängen Entwürfe und Fotografien von Orgeln aus aller Welt. Fast 1.200 Instrumente hat die Dresdner Firma bisher gebaut, viele davon Unikate. Im vergangenen Jahr musste Jehmlich jedoch drei seiner zwölf Mitarbeiter entlassen.
Die Situation erinnert mich an andere traditionsreiche Handwerksbetriebe, die ich in den letzten Jahren besucht habe. Überall das gleiche Bild: Einzigartige Fertigkeiten, aber wirtschaftlich kaum noch tragbar. Dabei ist der Klang einer Jehmlich-Orgel unverwechselbar – etwas, das in unserer digitalen Welt zunehmend wertvoll wird.
Hoffnung kommt jetzt von unerwarteter Seite. Die Nachfahren der Dresdner Mäzenatenfamilie Arnhold haben von der Notlage erfahren. «Die Arnholds haben bereits vor 100 Jahren Kulturprojekte in Dresden gefördert. Diese Tradition setzen wir fort», sagt Thomas Arnhold, der aus den USA anreiste. Die Familie stellt einen sechsstelligen Betrag zur Verfügung, um die Firma zu stabilisieren.
Nun plant Jehmlich, einen Teil seiner Werkstatt für Besichtigungen zu öffnen und ein kleines Orgelmuseum einzurichten. «Handwerk muss erlebbar sein», sagt er mit neuem Elan. Ob das reicht, um die Firma langfristig zu sichern? Die Antwort steht noch aus. Aber in Dresden, wo Tradition und Handwerkskunst seit jeher Teil der Stadtidentität sind, wäre das Verschwinden der Jehmlichs ein herber Verlust.