In Thüringen hat die AfD in einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA einen deutlichen Vorsprung erreicht. Mit 26 Prozent liegt die Partei um Alice Weidel und Tino Chrupalla nun klar vor der CDU, die auf 21 Prozent kommt. Ein Vorsprung, der selbst erfahrene Beobachter der politischen Landschaft überrascht hat.
In einer Region, die ich seit Jahren journalistisch begleite, ist diese Entwicklung bemerkenswert. Noch 2019 lagen beide Parteien in Umfragen nahezu gleichauf. Die jüngsten Zahlen spiegeln eine tiefgreifende Veränderung der politischen Stimmung wider. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreicht mit 17 Prozent den dritten Platz, während die Linke, die mit Bodo Ramelow den Ministerpräsidenten stellt, auf 15 Prozent kommt.
«Die Menschen suchen nach Alternativen zu etablierten Parteien», erklärt der Politikwissenschaftler Prof. Martin Weber von der Universität Jena. «Besonders in den ländlichen Regionen Thüringens wächst das Gefühl, von Berlin nicht gehört zu werden.»
Was mich bei Gesprächen vor Ort immer wieder überrascht: Viele Wähler sehen in der AfD nicht primär eine rechte Partei, sondern ein Protestventil. In Erfurt traf ich letzte Woche einen Handwerksmeister, der sagte: «Die da oben müssen endlich merken, dass es so nicht weitergehen kann.»
Mit Blick auf die Landtagswahl im September könnte die Regierungsbildung extrem schwierig werden. Der Thüringer Verfassungsschutz stuft die AfD als «gesichert rechtsextremistisch» ein – eine Zusammenarbeit lehnen alle anderen Parteien ab. In der politischen Landschaft meiner alten Heimat Baden-Württemberg wäre eine solche Konstellation undenkbar.
Was bedeutet das für die Demokratie? Die Zersplitterung der Parteienlandschaft könnte zu Blockaden führen. Oder vielleicht zu völlig neuen Koalitionsmodellen? Die nächsten Monate werden zeigen, ob der Wind der Veränderung nur eine Brise ist – oder ein Sturm, der das politische Gefüge grundlegend verändert.