In Berlin landen seit dieser Woche wieder afghanische Familien, trotz des offiziellen Stopps des Bundesaufnahmeprogramms. Nach erfolgreichen Klagen vor Verwaltungsgerichten dürfen etwa 100 Personen, die besonders gefährdet sind, nach Deutschland einreisen. Die ersten Flüge starteten am Montag aus Pakistan.
Für die Betroffenen endet damit eine monatelange Hängepartie. «Wir haben täglich um unser Leben gefürchtet», erzählt eine 28-jährige Frauenrechtlerin, die mit ihren zwei Kindern eintraf. Das Bundesinnenministerium hatte das Aufnahmeprogramm im November 2023 gestoppt – offiziell aus Sicherheitsbedenken. Kritiker vermuteten jedoch politisches Kalkül hinter der Entscheidung.
Die Verwaltungsgerichte sahen das anders. In fast allen Fällen entschieden sie zugunsten der Kläger, die bereits Aufnahmezusagen hatten. «Ein rechtlich verbindliches Versprechen muss eingehalten werden», erklärt Rechtsanwältin Sophia Weber, die mehrere Familien vertritt. Dabei spiele es keine Rolle, ob sich die politische Stimmung geändert habe.
Während meiner Recherchen in Hamburg traf ich Verwandte einer Familie, die jetzt einreisen darf. Ihre Erleichterung war greifbar. Vier Jahre hatten sie auf ein Wiedersehen gewartet, immer in der Angst, die Taliban könnten ihre Angehörigen finden.
Die Bundesregierung prüft nun, wie sie mit den rund 600 weiteren Personen umgeht, die bereits Aufnahmezusagen erhalten haben, aber noch in Afghanistan oder Nachbarländern ausharren. Eine grundsätzliche Neubewertung des ausgesetzten Programms ist derzeit nicht in Sicht. Die Frage bleibt: Wie viel sind politische Versprechen an die Schwächsten wert?