Die ostdeutschen Bundesländer erheben klare Ansprüche auf einen größeren Anteil der Verteidigungsausgaben des Bundes. Bei einem Treffen in Leipzig forderten die Ministerpräsidenten von Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern eine gerechtere Verteilung der milliardenschweren Rüstungsaufträge. Derzeit fließen nur etwa 5 Prozent der Verteidigungsausgaben in den Osten – bei einem Bevölkerungsanteil von rund 20 Prozent.
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) betonte die Dringlichkeit: «Wir brauchen nicht nur mehr Investitionen in die Verteidigung, sondern vor allem eine gerechte regionale Verteilung dieser Mittel.» Tatsächlich konzentrieren sich die großen Rüstungsunternehmen traditionell in westdeutschen Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg.
Die ostdeutschen Länderchefs sehen in der geplanten Erhöhung des Verteidigungsetats eine historische Chance für strukturschwächere Regionen. «Die vorhandenen Industriestandorte und Fachkräfte im Osten werden bislang übersehen», sagt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Aus meiner Erfahrung mit strukturschwachen Regionen in Baden-Württemberg weiß ich: Solche Großaufträge können ganze Landstriche wirtschaftlich beleben.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius signalisierte Gesprächsbereitschaft, verwies jedoch auf die Vergabekriterien des Bundes. Die ostdeutschen Länder wollen nun gemeinsam ein Konzept vorlegen, das ihre Standortvorteile hervorhebt.
Die Debatte zeigt einmal mehr, wie 35 Jahre nach der Wiedervereinigung wirtschaftliche Ungleichgewichte nachwirken. Während der Westen die Früchte jahrzehntelanger Rüstungsinvestitionen erntet, kämpft der Osten um seinen Anteil. Die Frage bleibt: Kann Verteidigungspolitik gleichzeitig Strukturpolitik sein?