In Stuttgart sorgt eine öffentliche Toilette für hitzige Debatten unter Bürgerinnen und Bürgern. Die Stadt investiert 600.000 Euro in ein hochmodernes WC am Marienplatz – so viel wie ein durchschnittliches Einfamilienhaus in der Region kostet. Der Gemeinderat stimmte dem Projekt bereits im Juli zu, doch erst jetzt wird das teure Örtchen zum Stadtgespräch.
Die neue Toilettenanlage soll mit automatischer Reinigung, barrierefreiem Zugang und vandalismussicherer Ausstattung punkten. «Diese Investition ist notwendig für eine moderne Großstadt», erklärt Baubürgermeister Peter Pätzold. Tatsächlich fehlt es in Stuttgart an öffentlichen Toiletten – gerade einmal 56 gibt es im Stadtgebiet, deutlich weniger als in vergleichbaren Städten.
Bei meinem gestrigen Lokaltermin am Marienplatz zeigte sich die Stimmung gespalten. «Für eine Toilette ist das ein Wahnsinnspreis», schimpfte Anwohnerin Sabine Meyer (52). «Aber wenn man ehrlich ist – wer freut sich nicht über ein sauberes öffentliches WC?»
Experten verteidigen die hohen Kosten. «Der Preis erscheint zunächst schockierend, aber wir müssen die Lebenszykluskosten betrachten», erläutert Stadtplaner Michael Weber. Die robuste Bauweise spare langfristig Reparaturkosten. Zudem seien die Grundstückspreise in der Stuttgarter Innenstadt enorm gestiegen.
Meine Erfahrung aus zwei Jahrzehnten Kommunalberichterstattung zeigt: Projekte wie dieses polarisieren besonders stark. In Baden-Württemberg gehört die Sparsamkeit zur DNA vieler Bürger. Doch gerade bei Infrastruktur rächt sich falsches Sparen oft Jahre später.
Die «Goldene Toilette» – wie sie von Kritikern bereits genannt wird – soll im Frühjahr 2025 fertiggestellt werden. Ob sie dann ihren hohen Preis wert sein wird? Die Stuttgarter werden es auf ihre ganz eigene Weise testen.