Der Kampf um die Bundesverfassungsrichter hat ein Ende gefunden – zumindest vorerst. Gestern stimmte der Bundestag mit großer Mehrheit für die beiden neuen Richter Barbara Dauner-Lieb und Volker Boehme-Neßler. Die Professoren füllen die seit Monaten vakanten Stellen am höchsten deutschen Gericht. Bei der Abstimmung wurde die AfD durch eine Verfahrensänderung erfolgreich ausgebremst.
Die monatelange Hängepartie hat Spuren hinterlassen. «Das war ein unwürdiges Schauspiel, das dem Ansehen unseres Verfassungsgerichts geschadet hat», sagt der Verfassungsrechtler Heinrich Amadeus Wolff im Gespräch. Tatsächlich zeigten sich die demokratischen Parteien lange Zeit unfähig, die notwendige Zweidrittelmehrheit für die Richterwahl zu organisieren – aus Angst, der AfD zu viel Einfluss zu geben.
Was in Karlsruhe eigentlich ein geordneter demokratischer Prozess sein sollte, wurde zur politischen Machtprobe. Bei meinen Gesprächen im Parlamentsviertel spürte ich überall die Nervosität: Wie umgehen mit einer Partei, die das System von innen heraus bekämpft, aber gleichzeitig ein demokratisches Recht auf Mitbestimmung hat?
Das nun gefundene Verfahren umgeht zwar elegant die AfD-Blockade. Verfassungsrechtlich bewegt sich diese Lösung jedoch auf dünnem Eis. Mehrere Experten haben bereits Bedenken angemeldet. Mehr dazu auf der Website des Deutschen Richterbunds.
Der Schaden für die demokratische Kultur ist angerichtet. Anstatt transparenter Verfahren dominierte taktisches Kalkül. In einer Zeit, in der das Vertrauen in demokratische Institutionen ohnehin schwindet, ist das ein gefährliches Signal. Die Frage bleibt: Haben wir wirklich gelernt, mit den Herausforderungen durch demokratiefeindliche Kräfte umzugehen? Oder verschieben wir das Problem nur bis zur nächsten Richterwahl?