Die Baumaschinen in Berlins Osten sind verstummt, ein 3,2 Kilometer langes Teilstück der A100 ist fertig. Seit gestern können Autofahrer zwischen Neukölln und Treptow auf sechs Spuren rollen. Das Mammutprojekt verschlang 473 Millionen Euro – über 148 Millionen pro Kilometer. Anfangs waren nur 280 Millionen veranschlagt. Was für Verkehrsminister Volker Wissing ein «Meilenstein für die Mobilität» ist, löst bei vielen Berlinern Kopfschütteln aus.
«Diese Autobahn ist ein verkehrspolitischer Dinosaurier», kritisiert Clara Schmidt vom BUND Berlin. Die Umweltschützerin steht am Rand der neuen Trasse, wo einst Kleingärten blühten. Etwa 300 Parzellen mussten weichen, dazu Wohnhäuser mit 400 Mietern. Wer durch die angrenzenden Kieze in Treptow fährt, sieht immer wieder Protestplakate gegen den geplanten 17. Bauabschnitt.
Die Diskussion reicht weit über Berlin hinaus. In meinen fast zwanzig Jahren als Reporterin habe ich kaum ein Infrastrukturprojekt erlebt, das die Gesellschaft so spaltet wie Autobahnbauten. Während Wirtschaftsverbände von «dringend benötigten Entlastungen» sprechen, warnen Klimaforscher vor zusätzlichem CO2-Ausstoß durch mehr Verkehr.
Besonders umstritten: Die 700 Millionen Euro teure Weiterführung bis zur Frankfurter Allee. Berlins Verkehrssenatorin Schreiner sieht «keine Alternative», während die grüne Umweltsenatorin Jarasch den Bau stoppen will. Bei meinem Besuch in einer Bürgerversammlung in Friedrichshain wurde deutlich: Viele Anwohner fürchten mehr Lärm und schlechtere Luft.
Was bleibt, ist die Frage, ob wir 2023 noch Autobahnen bauen sollten, während Hamburg und München bereits Stadtautobahnen zurückbauen. Während die Politik über das nächste Teilstück streitet, stecken die ersten Pendler bereits im Stau – am Ende der neuen Strecke, wo der Verkehr in die überlasteten Stadtstraßen fließt.