Die Hauptstadt stand gestern ganz im Zeichen der Fahrräder. Über 12.000 Radfahrerinnen und Radfahrer trotzten dem Nieselregen bei der traditionellen ADFC-Sternfahrt in Berlin. Auf 19 verschiedenen Routen bewegten sich die farbenfrohen Korsos aus dem Umland und allen Bezirken in Richtung Großer Stern, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Ein eindrucksvolles Signal für eine fahrradfreundlichere Verkehrspolitik.
«Das Wetter kann uns nicht aufhalten», rief mir eine ältere Dame mit regendurchnässter Jacke und strahlendem Gesicht zu, als ich den Zug aus Spandau begleitete. Diese Einstellung schien alle Teilnehmenden zu einen. Familien mit Kindern, Senioren auf E-Bikes und sportliche Pendler – die Vielfalt der Radfahrenden zeigte, dass Fahrradmobilität längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) fordert konkrete Verbesserungen für den Radverkehr. «Wir brauchen endlich durchgehende, sichere Radwege in Berlin und nicht nur Stückwerk», betonte ADFC-Vorstandsmitglied Lisa Werner bei der Kundgebung. Die Verkehrssenatorin Ute Bonde versprach in ihrer Ansprache mehr Tempo beim Ausbau der Radinfrastruktur: «Bis 2026 werden wir 50 Kilometer neue geschützte Radwege schaffen.»
Aus meiner langjährigen Beobachtung der Berliner Verkehrspolitik kann ich sagen: Die Stimmung hat sich gewandelt. Wo früher hitzige Debatten zwischen Auto- und Radlobby dominierten, steht heute der Gedanke einer integrierten Verkehrsplanung im Vordergrund.
Die Sternfahrt endete am Nachmittag mit einem Fahrradfest am Großen Stern. Die Botschaft der Veranstaltung hallt nach: Eine nachhaltige Verkehrswende ist nicht nur klimapolitisch notwendig, sondern wird von immer mehr Berlinerinnen und Berlinern aktiv eingefordert. Was bleibt, ist die Frage: Kann die Politik mit diesem Engagement Schritt halten?