Artikel – Im hessischen Gießen kam es gestern Abend zu tumultartigen Szenen bei der Neugründung der AfD-Jugendorganisation «Junge Alternative». Etwa 200 Demonstranten blockierten den Eingang des Bürgerhauses, in dem sich rund 30 AfD-Mitglieder versammelt hatten. Die Polizei setzte Pfefferspray ein, als Protestierende versuchten, in das Gebäude einzudringen.
Die Stimmung vor Ort war aufgeheizt. «Wir lassen nicht zu, dass eine vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestufte Organisation hier Fuß fasst», sagte Miriam Weber vom Bündnis «Gießen bleibt bunt». Nach Polizeiangaben wurden drei Beamte verletzt, zwei Demonstranten vorübergehend festgenommen.
Die AfD-Kreisvorsitzende Sandra Walter kritisierte die Proteste scharf: «Das ist ein Angriff auf die Demokratie. Wir haben ein Recht auf Versammlungsfreiheit wie jede andere Partei auch.» Tatsächlich wird die Junge Alternative bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet. In Hamburg, wo ich vor Jahren ähnliche Konfrontationen erlebte, führten solche Auseinandersetzungen oft zu einer Verhärtung der Fronten.
Gießens Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD) hatte im Vorfeld erfolglos versucht, das Treffen zu unterbinden, konnte aber rechtlich nicht eingreifen. «Die Vermietung städtischer Räume erfolgt nach klaren rechtlichen Vorgaben, nicht nach politischen Präferenzen«, erklärte er.
Was in Gießen geschah, steht exemplarisch für die zunehmende Polarisierung in vielen deutschen Städten. Während die einen auf demokratische Grundrechte pochen, sehen andere eine Gefahr für eben jene Demokratie. Und mittendrin stehen Kommunen und Polizei vor der schwierigen Aufgabe, beide Seiten zu ihrem Recht kommen zu lassen.