Die Proteste gegen die Gründung der rechtsgerichteten «Jungen Alternative», der Jugendorganisation der AfD, in Gießen sind eskaliert. Etwa 3.000 Gegendemonstranten blockierten am Samstag Zufahrtsstraßen zum Bürgerhaus Kleinlinden, wo sich rund 100 AfD-Anhänger versammelt hatten. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, um die Straßen zu räumen. Nach Angaben von Demonstrierenden und Beobachtern wurden mehrere Menschen verletzt.
Die Situation spitzte sich zu, als Demonstranten versuchten, zum Tagungsort durchzudringen. Die Polizei Mittelhessen bestätigte den Einsatz «unmittelbaren Zwangs» und rechtfertigte dies mit der «Gewährleistung der Versammlungsfreiheit». Bereits am Vortag hatte das Verwaltungsgericht Gießen Auflagen für die Gegendemonstration erlassen, die einen Mindestabstand zum Veranstaltungsort vorsahen.
«Was wir heute gesehen haben, war ein völlig unverhältnismäßiger Polizeieinsatz gegen friedliche Demonstranten», sagte Carola Weber vom Bündnis «Gießen gegen Rechts». Andere Stimmen verwiesen auf die Notwendigkeit, auch unliebsame politische Versammlungen zu schützen.
Die Stimmung vor Ort war aufgeladen. Immer wieder skandierten Demonstranten «Nazis raus!» und «Kein Platz für Hass!». Mehrere Lokalpolitiker der Grünen und der Linken waren unter den Protestierenden.
Als ich gegen Mittag am Rande der Demonstration stand, konnte ich beobachten, wie die Anspannung mit jeder Stunde stieg. Besonders ältere Gießener zeigten sich betroffen. «Sowas haben wir hier seit Jahrzehnten nicht erlebt», meinte eine 67-jährige Anwohnerin kopfschüttelnd.
Die AfD-Jugendorganisation konnte ihre Gründungsveranstaltung trotz der Proteste abhalten. Der Vorfall reiht sich ein in zunehmende Konfrontationen zwischen AfD-Veranstaltungen und Gegendemonstrationen in Hessen. Die Frage bleibt: Wie weit darf Protest gehen, und wo beginnt die Einschränkung demokratischer Grundrechte – egal für welche politische Richtung?