Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke hat den Umgang von Kanzler Scholz und CDU-Chef Merz mit der AfD scharf kritisiert. «Die Idee, die AfD aus dem Rennen werfen zu können, war offensichtlich ein Trugschluss», sagte von Lucke im ntv-Interview. Nach seiner Einschätzung haben beide Spitzenpolitiker das Problem unterschätzt.
Die jüngsten Umfragen zeigen, warum diese Kritik Gewicht hat: Die AfD steht bundesweit bei 18 Prozent und liegt in ostdeutschen Bundesländern teils über 30 Prozent. In Brandenburg, Sachsen und Thüringen wird diesen Herbst gewählt. Die etablierten Parteien wirken zunehmend ratlos.
Als ich vergangenes Jahr in Thüringen unterwegs war, erzählte mir ein Kommunalpolitiker: «Die reden in Berlin über die AfD, aber nicht mit den Menschen, die sie wählen.» Diese Beobachtung deckt sich mit von Luckes Analyse: Die Strategie der Ausgrenzung allein reicht nicht aus.
Besonders problematisch: Die Ampel-Koalition liefert durch ihre internen Streitigkeiten unfreiwillige Wahlkampfhilfe. «Wenn die Bundesregierung von einer Krise in die nächste taumelt, profitieren die politischen Ränder», erklärt der Politikwissenschaftler. Gleichzeitig sieht er die Union in einer schwierigen Position zwischen Abgrenzung und thematischer Nähe.
Die kommenden Wahlen könnten zur Belastungsprobe für unsere Demokratie werden. Nicht nur für die Regierungsbildung, sondern für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die entscheidende Frage bleibt: Werden die demokratischen Parteien inhaltliche Antworten finden oder sich weiter in Abgrenzungsritualen verlieren?