In Hessen ist gestern ein kontroverser Antrag der AfD-Fraktion mit klarer Mehrheit abgelehnt worden. Die Rechtspopulisten forderten, dass künftig zu Beginn jeder Plenarsitzung im Landtag die Nationalhymne gesungen werden sollte. Von den 133 anwesenden Abgeordneten stimmten nur die 26 AfD-Parlamentarier für diesen Vorstoß.
«Deutschland ist eine gefestigte Demokratie, die solche plakativen Inszenierungen nicht nötig hat», erklärte die CDU-Abgeordnete Claudia Ravensburg während der hitzigen Debatte. Ein Eindruck, den ich nach fast zwei Jahrzehnten Parlamentsberichterstattung teile: Patriotismus zeigt sich in unserer parlamentarischen Demokratie durch die tägliche Arbeit für das Gemeinwohl, nicht durch symbolische Gesangseinlagen.
Die AfD-Fraktion hingegen argumentierte mit dem «gestörten Verhältnis vieler Deutscher zu ihrem Vaterland» und verwies auf vergleichbare Praktiken in anderen Ländern. «In den USA beginnt jede Schulklasse mit dem Pledge of Allegiance», führte der AfD-Abgeordnete Dirk Gaw an.
In der Diskussion kristallisierte sich schnell heraus, was die demokratischen Parteien eint: Die Ablehnung von inszeniertem Nationalismus. Die SPD-Politikerin Lisa Gnadl nannte den Antrag einen «durchsichtigen Versuch, das Parlament für populistische Zwecke zu instrumentalisieren».
Als Journalistin, die schon viele Debatten in Landtagen miterlebt hat, frage ich mich: Wäre es nicht sinnvoller, über konkrete Lösungen für die Probleme der Menschen zu diskutieren, statt über symbolische Rituale? Diese Frage scheint auch die überwältigende Mehrheit im hessischen Landtag mit «Ja» beantwortet zu haben.