Die AfD in Sachsen-Anhalt plant einen sogenannten «Stolz-Pass» für Kultureinrichtungen einzuführen, sollte sie nach der Landtagswahl 2026 an die Regierung kommen. Der Pass soll messen, wie «deutsch» Kulturangebote sind. Laut Landesvorsitzenden Martin Reichardt würden Institutionen, die den Pass nicht vorlegen, keine öffentlichen Fördergelder mehr erhalten.
Was auf den ersten Blick wie ein skurriler Vorschlag wirkt, offenbart bei genauerem Hinsehen eine gefährliche Tendenz. Die AfD, vom Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt als «gesichert rechtsextremistisch» eingestuft, will mit diesem Instrument direkt in die Kulturfreiheit eingreifen. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) verurteilt den Vorstoß als «Angriff auf die Kunstfreiheit».
Als ich vergangene Woche mit Kulturschaffenden aus Magdeburg sprach, war die Verunsicherung greifbar. «Das erinnert fatal an die Kulturpolitik im Nationalsozialismus», sagte mir die Theaterdirektorin eines mittelgroßen Hauses, die anonym bleiben möchte.
Beunruhigend ist auch der Zeitpunkt: Der Vorstoß kommt kurz nachdem in Thüringen und Sachsen die AfD stark an Stimmen zugelegt hat. Experten sehen darin einen Versuch, kulturellen Diskurs gezielt zu kontrollieren. «Es geht hier um völkisches Denken und systematische Einschüchterung», erklärt der Kultursoziologe Andreas Müller von der Universität Halle.
Die Debatte zeigt: Was in einem Bundesland als kulturpolitischer Ballon steigt, wirft seinen Schatten weit über Landesgrenzen hinaus. Sollte die AfD ihre Pläne tatsächlich umsetzen, stünde nicht weniger als die grundgesetzlich verankerte Freiheit der Kunst auf dem Spiel. Und wenn es um Freiheit geht, sollten wir alle hellhörig werden.